ERBAUER DES CLUBHOTELS ST.TROPEZ DROHT MIT „KLEIN-ST.-PAULI“

Bald wieder Partnertausch

Burtenbach (taz) — Dem Bürgermeister von Burtenbach im bayerischen „Regierungsbezirk Schwaben“ ist die ganze Sache unendlich peinlich. „Das macht einem Sorgen. Laufend in der Presse. Das ist deprimierend.“ Hans Rößner, seit zwei Jahren als Freier Wähler in der 2.200-Seelen-Gemeinde Burtenbach Gemeindechef, würde am liebsten gar keine Interviews mehr geben. Sein Ort ist an vielen Stammtischen inzwischen Gesprächsthema. Einige Burtenbacher hatten sich (wie berichtet) über einen sogenannten Pärchen-Club in ihrem Wohngebiet beschwert.

Der „Treffpunkt für tolerante Paare“ wurde daraufhin auch prompt vom Landratsamt in Günzburg geschlossen, weil die baurechtliche Nutzung eine andere war als genehmigt. Doch als der einstige Edelbordell-Besitzer und Pärchenclub-Betreiber drohte, gegebenenfalls Asylbewerber in seiner Nobelherberge unterzubringen, schlug die Stimmung um. Fünfundvierzig Burtenbacher forderten mit einer Unterschriftenliste, daß man nun doch lieber den Pärchenclub — diesen einst so verschrieenen Sex-Tempel — wieder genehmigen sollte.

Die Genehmigung freilich wird laut Landratsamt „nie und nimmer erteilt“. Was jedoch den Pächter des Clubhotels St.Tropez offenbar nicht daran hinderte, am Wochenende wieder nach Burtenbach einzuladen. „Es dürfte sich nach unserer Erkenntnis um Pärchen-Partys gehandelt haben. Also wir gehen davon aus, daß da nicht gerade Karten gespielt wurde“, sagt der Jurist im Günzbacher Landratsamt, Bernhard Röthinger. Rund dreißig Fahrzeuge aus dem Raum München, Augsburg und Starnberg waren am vergangenen Wochenende in die Gemeinde gekommen. Auf die Nachfrage, was denn konkret bei diesem Treffen geschehen sei, meint Röthinger: „Ja, wie soll man das bezeichnen? Es treffen sich Leute, wahrscheinlich zum Partnertausch. Nach unserer Erkenntnis bringt der Betreiber allerdings auch Damen aus Augsburg mit.“

Für das Amt steht fest: In Burtenbach wurde das Clubhotel am Wochenende wieder genau so genutzt, wie es eben nicht genutzt werden darf. Und daher die drakonische Strafe von 1.000 Mark Zwangsgeld. Doch Bernhard Röthinger droht dem einstigen Edelpuff-Besitzer Eberhard H. auch gleich noch Schlimmeres an: „Das nächste Mal wird's erheblich mehr.“ Zunächst will sich der Jurist nicht festlegen, dann spricht er von der fünffachen Summe.

Dies alles ist für den Erbauer des noblen Hotels, dem ortsansässigen Bauunternehmer Heinz Rößner (mit dem Bürgermeister nicht verwandt), Grund genug, mit drastischen Worten ein Ende „dieses Saustalls“ zu fordern. Er, der sich mit dem exklusiven Hotel gehörig verspekuliert hat, will so was wie den Pärchenclub in Burtenbach nicht. „Ich werde auch in diese Branche einsteigen, wenn das nicht endlich untersagt wird. Dann mache ich auch so was, und dann ist halt Burtenbach Klein-St.- Pauli.“ Er habe schon ein entsprechendes Grundstück, auf dem er eigentlich achtzehn Wohnungen bauen wollte. Es ginge aber auch anders, mit einem Sauna-Club beispielsweise.

Der Clubhotel-Betreiber aus Augsburg läßt sich von alledem offenbar nicht beeindrucken. Er will sich zwar nach wie vor zur Sache nicht äußern. Aber wer die berüchtigte Nummer 418 in Burtenbach wählt, der hört schon wieder eine leicht abgeänderte Ansage, in der der „Verein für Körperkultur und Freizeitgestaltung“ für das kommende Wochenende erneut einlädt in das Clubhotel St.Tropez. Und um nur ja keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, hat Eberhard H. dem Bürgermeister — nach der Zwangsgeldverhängung — deutlich zu verstehen geben, daß für ihn eine „normale Nutzung als Gaststätte oder Hotel“, wie sie sich der Gemeindechef wünscht, wegen der hohen Mietkosten nicht in Frage kommt. Klaus Wittmann