Abwaschbare Tinte

■ Wahlen in Kurdistan wegen untauglicher deutscher Tinte verschoben: Sie ist nicht fälschungssicher

Salah Eddin (taz) — „Made in Germany“ galt im Ausland lang als Gütesiegel für Qualitätsprodukte — seit vergangenen Samstag ist dieses Urteil auch in Irakisch-Kurdistan revisionsbedürftig.

Schuld an dieser Wertekrise trägt die nordrhein-westfälische Landesregierung. Um den im Nordirak lebenden KurdInnen bei der freien und geheimen Wahl behilflich zu sein, hatte das Bundesland im April Tinte nach Kurdistan geschickt. Mit Hilfe der Stempelfarbe sollte Betrug verhindert werden: Jeder Wähler sollte einen Finger in die waschechte Farbe tauchen, damit er, falls er verbotenerweise zum zweiten Mal in der Wahlkabine auftauchte, sofort als Schwindler enttarnt werden könne. Neun Stunden vor Öffnung der Wahllokale aber stellte sich heraus: Die deutsche Stempelfarbe ist nicht fälschungssicher. Sie hält nicht — wie versprochen — vier Tage lang, sondern ist auch ohne Seife sofort problemlos vom Daumen zu entfernen. Das gab der Kurdenführer Massud Barsani gestern bekannt.

Die Wahl, in der sich sieben Parteien um 100 Sitze im autonomen Parlament im nordirakischen Erbil bewerben, muß nun um 48 Stunden verschoben werden. Bis dahin, so Barsani, „wird das Problem gelöst werden“. Die konkurrierenden kurdischen Parteien bauten den Tintenskandal sofort in ihren Wahlkampf ein. So warfen die Anhänger der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) der Patriotic Union of Kurdistan (PUK) vor, die Tinte unbrauchbar gemacht zu haben, weil sie Angst vor einer Niederlage hätten. Das gleiche behaupteten die Anhänger der PUK von der DPK. Andere Gruppen machten die Türkei für den Tintenflop verantwortlich: Schließlich wäre die Farbe dort gelagert worden, und die türkische Regierung sei schließlich gegen die Wahlen.

Inzwischen ist aber geklärt, warum die Farbe nicht am Finger haftet. Weder die PUK, noch die DPK und auch nicht die türkische Regierung haben die Farbe verdünnt. Bei dem Import aus Norhein-Westfalen handelt es sich — so klärte medico international gestern auf — um Fleischbeschauerfarbe. Sie wird in Schlachthöfen benutzt, um tote Tiere zu markieren. Diese Tinte ist nur auf kaltem Fleisch beständig. Ab einer bestimmten Körpertemperatur ist sie abwaschbar. „Makaber!“, kommentierte medico in einer Presseerklärung. „Daß gerade aus der BRD eine solche Farbe geliefert wird, zeigt, wie wenig sich die Bundesrepublik ihrer besonderen Verantwortung bewußt ist.“ Die Wahl soll nun morgen stattfinden. Woher die neue, fälschungssichere Tinte kommen soll, wurde nicht bekannt. Khalil Abied/ccm