Scharfe Kritik an Polizeiführung

■ Verhalten am Samstag „völlig unverständlich“

Scharfe Kritik mußte sich gestern die Polizei anhören. Grüne, SPD und CDU äußerten ihr „völliges Unverständnis“ darüber, daß die Polizei die gewalttätigen Auseinandersetzungen am vergangenen Samstag auf der Sielwallkreuzung nicht verhindert hat. Selbst Innensenator Friedrich van Nispen ging auf Distanz. Unterdessen wiesen Polizeisprecher die Kritik an der Einsatzleitung am Sielwall zurück. Ein Polizeisprecher meinte auf Nachfrage, die türkische Demo habe geschützt werden müssen.

Am Samstag war es zu Krawallen gekommen, als die Polizei der Demonstration rechtsgerichteter Türken über die Sielwallkreuzung helfen wollte. Diese war von mehrheitlich kurdischen Gegendemonstranten besetzt. Die Einsatzleitung räumte die Kreuzung für die türkische Demo - dabei war es zu mehreren Verletzten vor allem auf seiten der Gegendemonstranten gekommen.

Der Innensenator Friedrich van Nispen distanzerte sich in einem Radio Bremen-Interview vorsichtig von der Polizei und dem Stadtamt, das beide Demonstrationen genehmigt hatte. „Das ist nicht richtig gelaufen“, sagte er. Die Polizei habe auf „erheblichen Druck von Seiten der rechten Türken“ nachgegeben. Der Sprecher der Innenbehörde Hermann Kleen kündigte an, der Innensenator werde in den nächsten tagen mit den Spitzen des Stadtamtes und der Polizei ein Auswertungsgespräch führen. Die Richtung scheint dabei klar. Van Nispen: Solche verfeindeten Gruppen werden in Zukunft nicht gemeinsam auftreten.“

Grüne, CDU und SPD kritisierten die Polizei wegen ihres Verhaltens am Samstag. „Der Zoff war doch schon vorprogrammiert“, meinte Ralf Borttscheller von der CDU. Es sei „völlig unverständlich“, wieso nicht entweder eine der beiden Demos verboten oder wenigstens die Route verändert worden sei. Gegen ein Demonstrationsverbot wandte sich dagegen Martin Thomas von den Grünen, aber: „Die Polizei hätte ein Aufeinandertreffen der beiden Demonstrationszüge verhindern müssen.“ Scharf kritisierte er die Organisatoren der türkischen Demo. Der SPD-Politiker Würtz und der Generalkonsul der Türkei Karl Grabbe hätten die Demonstation abbrechen müssen, als die Konfrontation absehbar gewesen sei. Wie Thomas befürchtete der SPD-Landesvorsitzende Horst Isola, die Krawalle hätten die Ausländerfeindlichkeit angeheizt. Isola: „Die türkische Demo war eine Provokation. Ich bin bestürzt über meinen Parteifreund Peter Würtz.“ J.G.