Konvertiten

■ De Klerks Bruder Willem über F.W. und Südafrika

Ein Dokument besonderer Art, das Buch Willem de Klerks, des Bruders vom Staatspräsidenten Südafrikas, Frederik de Klerk. Der Bruder, Politologe, Publizist, in der Familie jahrelang als „liberaler“ Renegat gehandelt, schreibt über den Bruder und entfaltet um ihn die Aura des eigentlichen „Führers“ Südafrikas aus der „grauen Welt der Kompromisse“. Was kann Rechts und Links in Südafrika heißen, wo wahrscheinlich noch unter der rechtsradikalen „Afrikaaner Weerstands Beweging“ (AWB) Gemäßigte und Hardliner zu finden sind? Bruder Willem wundert sich über die „Konversion“ des Jüngeren, war der zuvor doch immer brav Teil des Apartheidsystems, wo er, Willem, schon „aufgeklärtem“ Gedankengut huldigte. Doch dann muß auch F.W. erkannt haben, daß es keinen Weg zurück ins weiße Ghetto gibt, sondern nur den Weg nach vorne, in die Zukunft. War es politische Vernunft oder das in der burischen Mystik stilisierte „Wir werden überleben“? Zuerst jedenfalls ließ er Walter Sisulu frei, dann Mandela. Religiös untermauert, wird F.W. de Klerk zum Retter der Weißen und Vertrauensträger auch für die Schwarzen. Der ANC? Bei Willem de Klerk eher Randnotiz, mit Schadenfreude bedacht, wo doch der Kommunismus tot sei und der ANC das „Kainsmal des Bösen“ trage: Da spricht burischer Calvinismus pur. Im Zentrum steht die Laudatio auf den Individualisten, Pragmatiker, Konservativen, Christen, Kapitän auf stürmischer See, Bühnenbildner, Hauptunterhändler und Hoffnungsträger F.W. Klipp und klar wird entfaltet, wie man die weiße Macht geschickt erhält und dennoch als Reformer gilt — wirklich als Dokument zu lesen. Dieses Südafrika ist leicht vorstellbar: Streckt sich der Transformationsprozeß weiter über die Jahre, unter weißer Führung, wird sich eine politische und parlamentarische Mehrheit (mit den Indern und den „Mischlingen“) gegen den ANC finden. Damit wäre de Klerk, wenn nicht der Gorbatschow Südafrikas, so ein Jelzin, ein Krawtschuk.

Einzig die Passage, die sich dem fehlenden Schuldbekenntnis der Rassisten widmet und den Bruder hierfür kritisiert, entfaltet eine gewisse moralische Dimension. „Ich denke, F.W. de Klerk schuldet dies Südafrika.“ Die Weißen schulden dem Land noch ein bißchen mehr. AS

Willem de Klerk: F.W. de Klerk — eine Hoffnung für Südafrika. Busse Seewald, 1992, DM 36.-