ÖTV-Spitze will Basis nicht hören

■ Vollversammlung im Statut nicht vorgesehen / Drohen jetzt Massenaustritte?

Geleimt beim Streik? Die Basis murrt.Foto: Archiv

Nach der Urabstimmungs-Niederlage des ÖTV-Vorstandes im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes ist jetzt der gewerkschaftsinterne Streit voll entbrannt. So steht die Stimmung bei den Beschäftigten der Bremer Müllabfuhr weiterhin auf Streik, und ganze Belegschaften — vor allem in Krankenhäusern und Kindertagesstätten — drohen mit einem kollektiven Gewerkschaftsaustritt für den Fall, daß die Stuttgarter ÖTV-Zentrale ohne weitere Verhandlungen den von der Basis mehrheitlich abgelehnten Tarifkompromiß trotzdem einfach unterschreibt.

Bereits vor einer Woche hatten zum Beispiel die ÖTV-Betriebsgruppen des gesamten Sozi

hier bitte das

Streikfoto

alamtes von ihrer Bremer Gewerkschaftsführung gefordert, so schnell wie möglich eine Vollversammlung der rund 1.000 gewerkschaftlichen Vertrauensleute in den einzelnen Abteilungen des Bremer Öffentlichen Dienstes einzuberufen. Postwendend antwortete der Bremer ÖTV-Sekretär und Streikleiter Holger Aebker: „Wir sehen uns nicht in der Lage, eine Vollversammlung der Vertrauensleute durchzuführen und halten diese Form generell auch nicht für zweckmäßig.“

Stattfinden soll heute um 15 Uhr lediglich eine Versammlung von rund 30 Vertrauensleute- Sprechern. Ihr soll morgen eine Zusammenkunft des ÖTV-Kreis

vorstandes folgen. Beide Sitzungen zusammen sollen das sein, was die ÖTV-Chefin Monika Wulf-Mathies nach dem Urabstimmungs-Desaster als „breite Diskussion an der Basis“ gefordert hatte. Die Bremer Stimmung soll anschließend an die Stuttgarter Zentrale übermittelt werden, wo am kommenden Montag endgültig entschieden wird, ob die ÖTV den Tarifkompromiß in der ausgehandelten Form unterschreibt.

Daran zweifelt zwar innerhalb der Bremer ÖTV niemand mehr, trotzdem klagen viele GewerkschafterInnen zumindest eine offene Diskussion über die Fehler im Tarifkonflikt ein. Einige Betriebsgruppen haben deshalb aufgerufen, die heutige Delegiertenversammlung im DGB-Haus durch zahlreiches Erscheinen einfach in eine Vollversammlung umzufunktionieren.

Dann könnte auch über das Gefühl vieler ÖTV-Mitglieder geredet werden, daß sie mit ihrem Streik nur die Statistenrollen in einer abgekarteten Inszenierung gespielt haben. So fragen sich Kita-Erzieherinnen inzwischen, ob es nur Zufall ist, daß ihr Streik auf genau fünf Tage begrenzt war, wo doch das Bremer Kindergartengesetz vorsieht, daß Eltern genau ab dem 6. Ausfalltag einen Anspruch auf Erstattung ihrer Kita- Gebühren haben.

Oder es kommt die Frage auf, warum in vielen Bereichen der Streik am Montag nach dem 1. Mai ausgesetzt worden ist. Schließlich hätte die ÖTV das Streikgeld bei einem ununterbrochenen Ausstand auch für den 1. Mai und das anschließende Wochenende bezahlen müssen. Ase