The Brotherhood of Magic

■ Messe-Kongreß der Zauberer, Gaukler und Magier in Baden-Baden: Gute Tricks sind teuer

Baden-Baden (taz) — International Brotherhood of Magic, das klingt doch richtig geheimnisvoll nach Freimaurern und Illuminaten. Nach Magische Zirkel gar, die jedoch, wenig geheimnisvoll, in Telefonbüchern zu finden sind. Nur das profane e.V. am Zeilenende verrät, daß es sich hier um nichts Okkultes, sondern um die Standesorganisation der bundesdeutschen Zauberkünstler handelt.

Vom 6. bis 10.Mai fand der 3. Europa-Kongreß der Magier in Baden- Baden statt. Die Internationale Bruderschaft der Magier schwang den Zauberstab, und über tausend Brüder und einige wenige Schwestern erschienen: Illusionisten, Manipulatoren, Mentalisten, Profis wie Amateure aus 34 Ländern. Doch nur in den Mittagspausen, wenn sie ausschwärmten in die zahlreichen Lokale der Stadt, verzauberten sie den süddeutschen Nobelkurort am Fuße des Schwarzwaldes.

Bei solch einer Gelegenheit durften natürlich die Wortzauderer der Presse nicht fehlen. Zugelassen wurden sie, die Informationsillusionisten. Aber wer nun glaubt, daß sie die erlauchten erlauschten Geheimnisse ausplaudern dürfen, der sieht sich getäuscht. Schriftlich mußten sie versprechen, keinen der Tricks, die sie begriffen haben, zu verraten.

Damit war das Ganze eine geschlossene Veranstaltung, und die Kongreßhalle in Baden-Baden wurde zu einer mit Samt ausgeschlagenen Black Box, in der alle Magier vor den Augen des interessierten Publikums verschwanden. Es war kein Volksfest der Magie, bei dem Zauberkünstler zu jeder Tages- und Nachtzeit auf allen Plätzen der Stadt die Menschen verzauberten, sondern ein Kongreß, bei dem gearbeitet wurde. Lernen wollte man von großen Meistern dieses Genres wie Dixon, Gary Kurtz oder David Berglas, brav und gesittet neue Fertigkeiten erlernen. Zugleich war es auch ein Familientreffen. Man begrüßte alte Freunde, tauschte Erfahrungen aus und freute sich an neuen Ideen.

Diese waren allerdings Mangelware. „Auf die Verpackung kommt es an!“ verriet Magier Dietmar Willert seine scheint's von der Werbeindustrie abgekupferte Weisheit. Und wie man verpackt, das wurde in den Seminaren anhand einzelner Beispiele gezeigt. Wie steht man zum Zuschauer. Wie baut man die Spannung auf. An welchem Punkt der auf- und absteigenden Spannungskurve führt man den eigentlichen Trick aus. Oder scheinbar ganz simpel: in welchem Rhythmus zählt man Karten. Denn wenn der Rhythmus stimmt, glauben die Leute, das Zählen stimmt ebenfalls. Und wer einmal eine der vor Witz sprühenden Lektionen des Spaniers Juan Tamariz erhalten hat — dieses auf den Baden-Badener Straßen so fehl am Platz wirkende Männchen mit seinen grauen Zottelhaaren, den starken Brillengläsern, dem zerknautschten Hut und den ausgebeulten Jeans —, der wird verstehen, warum ihn die überaus kritischen Kollegen für eine Zauberei mit ein paar simplen Karten mit mit Beifall überschütteten.

„Die meisten Magier kaufen ihre Tricks“, erklärte Kartenmagier Hans Friedrich, und freute sich gerade diebisch, daß er hinter einen 30 Mark teuren Kartentrick gestiegen ist. „Von dem Zauberzubehör lebt ein ganzer Industriezweig. Leute, die selbst gar nicht mehr zaubern.“ Aber es gab auch noch einige Heimwerker. Die führten ihre Kunststücke und Maschinen vor, erklärten, wie sie funktionieren und verkauften sie anschließend.

Gute Tricks sind teuer, selbst wenn sie aus zweiter Hand stammen. Eine Fingerguillotine kostete zwischen 20 und 50Mark. Was das ist? Ein Fallbeil wird hochgezogen. Der Journalist steckt den Finger durch ein Loch. Das Fallbeil wird runtergestoßen, der Journalist zuckt zusammen. Das Fallbeil durchstößt den Finger, durchtrennt ihn aber nicht. Wie es funktioniert? Magie der Technik. Beängstigender wird es, wenn man einen Schwerterkasten auf den Kopf gesetzt bekommt. 400 Mark sollte das gute Stück kosten. Nicht der Kopf, der Kasten und die zwölf Schwerter, die nach und nach ratsch, ratsch durch den Kasten durchgestochen wurden. Der Journalist kann nichts verraten. Er hatte schon vor dem ersten Schwert aus Angst die Augen geschlossen.

Auf dieser Messe gab es alles zu kaufen, was des Magiers Herz begehrte. Das ging vom falschen Finger bis zu einem Kasten für mehrere tausend Mark, der es erlaubt, durch einen Menschen hindurchzusteigen, vom Magierkostüm bis zur ausgereiften Lichtanlage für die Bühnenshow. Auf daß das Zaubern zauberhaft werde. Peter Huth