Klage gegen NRW-Finanzminister

■ Vereinigte schwarz-gelb-grüne Opposition wirft SPD-Minister gleich mehrfachen Verfassungsbruch vor

Düsseldorf (taz) — Der millionenschwere Deal ging im stillen über die Bühne. Am Landtag vorbei kaufte der Düsseldorfer Finanzminister Heinz Schleußer als Zwischenhändler am 5. Dezember letzten Jahres ein riesiges Thyssen-Grundstück in Oberhausen für 20 Millionen Mark— um es nach am selben Tag an die Oberhausener „Grundstücksentwicklungsgesellschaft“ (GEG) über ein kompliziertes Vertragswerk zum selben Preis weiterzureichen. Die GEG, an der die Stadt Oberhausen und die Westdeutsche Landesbank (West-LB) beteiligt sind, verkaufte die Fläche weiter an den britischen Investor Healy, der auf dem Gelände einen riesigen Freizeittempel errichten will. Bei diesem Geschäft, das das Land mit weit über 100 Millionen Mark für die Grundstückssanierung subventioniert, hat der Minister nach Meinung der hier vereint agierenden schwarz-gelb-grünen Opposition die Landesverfassung gleich mehrfach gebrochen. Gestern kündigten die Vertreter von CDU, FDP und Grünen an, den Minister noch Anfang Juni vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster zu verklagen.

Die Opposition präsentierte gestern ein Gutachten des Düsseldorfer Fachanwaltes Bellinger, der zu dem Schluß kommt, daß der Landesfinanzminister mit dem Vertrag vom 5.12.91 §39 des Landeshaushaltsgesetzes (LHO) verletzt und damit gegen den Art. 83 der Landesverfassung „verstoßen hat“. §39 LHO schreibt vor, daß der Finanzminister bei Übernahme von Garantien und Gewährleistungen einer Ermächtigung durch das Landesparlament bedarf. Doch genau die lag nicht vor. Nach Auffassung der Opposition hat Schleußer die Verfassungsverletzung vorsätzlich begangen, weil in internen Vermerken des Ministeriums auf die erforderliche Einbeziehung des Parlaments mehrfach hingewiesen worden sei. Tatsächlich stellte der zuständige Abteilungsleiter in einem an Schleußer gerichteten Vermerk vom 31.10. unumwunden fest, daß das Land den Vertrag nur dann abschließen könne, „wenn hierfür eine Ermächtigung im Haushaltsgesetz vorhanden wäre“.

Die Ausschaltung des Parlaments vor dem Vertragsabschluß, die der Finanzminister mit dem zeitlichen Druck durch den Investor begründet, ist nach Auffassung der Sprecherin der Düsseldorfer Grünen, Bärbel Höhn, „sehr bewußt betrieben worden“, um jegliche Kritik an dem gigantischen, ökologisch höchst umstrittenen Projekt vor Vertragsunterzeichnung „auszuschließen“.

Während die Grünen die Pläne des britischen Investors gänzlich ablehnen, stimmen CDU und FDP dem Vorhaben im Grundsatz zu. Einig sind sich die drei Oppositionsparteien aber darin, daß das „selbstherrliche“ Handeln der in Düsseldorf mit absoluter Mehrheit regierenden Sozis nicht länger hinzunehmen sei. Weil Schleußer inzwischen erklärt hat, er habe ein reines Gewissen und werde in vergleichbaren Fällen auch in Zukunft kaum anders handeln, sieht der CDU-Obmann Hartmut Schauerte „Gefahr im Verzug“. Es gelte mit Hilfe der Klage den „vorsätzlichen Verfassungsbruch“ in Düsseldorf endgültig zu stoppen.

Sollte Schleußer verurteilt werden, dürfte es für den auch als Rau- Nachfolger gehandelten Minister politisch sehr eng werden. Wegen der außerplanmäßigen Bewilligung einer Müllvermeidungskampagne hatte das Verfassungsgericht in Münster Schleußer schon Anfang des Jahres die Verletzung der Landesverfassung attestiert. Diesmal sind die Belege noch erdrückender. Walter Jakobs