SO EIN PECH MIT DER QUITTUNG
: Willi, der Hammer von Thüringen

Man hat den gutgläubigen Innenminister Böck gemein hereingelegt/ Ein Pfarrer will ihm was anhängen  ■ Von Henning Pawel

Wolfgang Staudte hätte für die Titelrolle seines Films Der Untertan auch Thüringens CDU-Vorsitzenden und Innenminister Willibald Böck verpflichten können. Schon äußerlich verkörpert dieser Mann das Urbild des deutschen Schulmeisters, kugelrund und wieselflink. Nur noch das sausende spanische Rohr fehlt in der strafenden Faust. Und jener furchtbare Ruf: „Bücken!“ war bisher nicht aus seinem Munde zu hören.

Doch auch ohne solche Aufforderung wird sich fleißig gebückt in Thüringen vor Willi, dem Hammer. So rufen ihn zärtlich seine politischen Freunde. Der mächtigste Mann im Land, sagen Insider. Woher die Macht freilich kommt, weiß keiner genau zu sagen. Er war Lehrer, dann Bürgermeister in DDR-Zeiten. Nach der Wende wurde auch für ihn das Wunder wahr, ganz nach oben zu fliegen. Direkt aus dem Böckinghampalast, so nennen die Bernteroder noch heute die Bürgermeisterei, auf den Stuhl des CDU-Landesvorsitzenden und Innenministers.

Und kein Quartal ohne Böckschen Skandal. Seinem an Altlasten wie an Skandalen reichen Duzkumpel Joseph Duchac steht Böck kongenial zur Seite. Schnellstens kommt auf, daß Willibald ehrenamtlicher Helfer der Grenztruppen der DDR war. Jedes fremde Gesicht, welches im Dorf auftauchte, mußte gemeldet werden. Der Minister hat natürlich nicht. War moralisch gar nicht imstande zu so etwas. Gemeldet haben immer die anderen. Wahlfälschungen: In der ganzen DDR, nur nicht in Bernterode. Und so sang Willi, der Hammer, dann, glückselig weinend, in jener Schicksalswahlnacht 1990 das Deutschlandlied. Von den Lippen vieler Landsleute aber erklang eine andere Thüringer Weise. „Die größte Wurst ist ihm zu klein, dem armen Dorfschulmeisterlein.“ Dabei war jene Wahlspendenwurst, 1990 an Böck persönlich übergeben, im Werte von 20.000 Mark, die ihm nun zum Verhängnis werden könnte, doch gar nicht so klein. Leugnen nützt nun nix mehr, denn der korrekte Hammer hat gar eine handschriftliche Quittung ausgestellt. Über den Ursprung der Summe, die noch viel höher gewesen sein soll, wußte er lange überhaupt nichts zu sagen.

Man hat den gutgläubigen Minister gemein hereingelegt. Er habe in jenem Geldübermittler nur den ihm gut bekannten katholischen Pfarrer Kohlmann gesehen. Nicht aber einen Mittelsmann der hessischen Unternehmensgruppe Stutz, die Autobahnraststätten in Thüringen bauen wollte. Eine Aufforderung, für diese Summe irgend etwas zu tun, habe es aber nie gegeben.

Böck kann nicht erkennen, falsch gehandelt zu haben. Jener teuflische, weil falsche Priester, ja, der hat. Der nämlich war, Böck weiß es mittlerweile, auch ein Gewährsmann der Stasi und wollte wohl in deren Auftrag den Innenminister stürzen.

Gründe? Neid, persönliche Racheakte und um den demokratischen Aufbau Thüringens zu stören. Beweise? Schwer zu erbringen. Zumal jener Satanspfarrer auch dem Ex-Ministerpräsidenten Joseph Duchac sehr nahe stand. Selbiger nämlich habe den Kontakt zur hessischen Unternehmensgruppe erst einmal hergestellt. Gemeine Lüge, hat Duchac mittlerweile erklären lassen. Jener Kohlmann, 1990 auch noch vom katholischen zum evangelischen Glauben übergetreten, handele im Auftrag gewisser Kräfte.

Für Willi, den Hammer, stellt sich die Frage nach einem Rücktritt nicht. Er hängt zwar nicht an seinem Amt. Aber die Menschen hängen, das weiß er genau, an Willibald. Die kämen doch sonst auch völlig durcheinander. Immerzu neue Köpfe auf den Regierungsbänken in Thüringen. Wenigstens einer muß den alten behalten.