BÜROKRATIE IN ÄGYPTEN

Eine „Tote“ will leben

Kairo (ap) — Wer einmal irrtümlich für tot erklärt wurde, hat es sehr schwer, wieder ins Reich der Lebenden zurückzufinden, wie die Ägypterin Madiha el Said erfahren mußte. Die vierzigjährige Hausangestellte zog letzten Dienstag in Kairo vor Gericht, um sich bestätigen zu lassen, daß sie noch am Leben ist. Denn sonst, so sagt sie, könne sie weder Sozialhilfe beziehen noch das Sorgerecht für ihre drei Kinder wahrnehmen, noch eine neue Arbeitsgenehmigung für Saudi-Arabien erhalten.

Frau Said hatte ein Ticket für die Fähre „Salem Express“, die am 14.Dezember vergangenen Jahres im Roten Meer auf ein Korallenriff lief und sank. 464 Menschen waren damals ertrunken oder wurden vermißt. Unter ihnen war aber nicht Frau Said, die das Unglücksschiff in letzter Minute verpaßt hatte. Da jeder sie jedoch unter den Opfern glaubte und ihre Verwandten auch noch ihren vermeintlichen Leichnam identifizierten, gilt sie seitdem als tot— allen leibhaftigen Beweisen zum Trotz.

Die Behörden wollten einfach nicht mit sich reden lassen, sagte ihr Anwalt, deshalb jetzt das Verfahren mit dem Ziel, den attestierten Tod rückgängig zu machen. Das zuständige Gericht hat die Verhandlung allerdings erst einmal bis zum 2. Juni vertagt.