WIRBEL IN BAYERN UM ERNEST BORNEMANNS KINDERSEX-VERHARMLOSUNG:

Des Umweltministers Vorwort

München (taz) — Was passiert, wenn der einst als Aids-Hardliner und Saubermann Nr. 1 berüchtigte bayerische Umweltminister Peter Gauweiler (der „Schwarze Peter“) ein Vorwort schreibt? Es wird gedruckt, manchmal gelesen. Basta! Nicht so dieses Mal, als Peter G. sich dem Thema „Scheidungskinder“ widmete und für die „Interessens- und Schutzgemeinschaft unterhaltspflichtiger Väter und Mütter — Verband der Unterhaltspflichtigen (ISUV/VDU)“ eine inzwischen höchst umstrittene Broschüre einleitete.

In dem zwölfseitgen Pamphlet des Verbandes der Unterhaltspflichtigen werden nämlich „menschenverachtende Thesen verbreitet, werden wehrlose Kinder zu Tätern gemacht“, wie die bayerischen Grünen wettern und sich der Kinderschutzbund empört. Aber was hat das alles zu bedeuten?

Der Verband der Unterhaltspflichtigen läßt in seiner Broschüre den umstrittenen Sexualwissenschaftler Professor Ernest Bornemann ausführlich zu Wort kommen. Und der kritisiert darin, daß die Grenzen zwischen „vergewaltigungsähnlichen Taten gegen Kinder und freiwilligen, von beiden Partnern erwünschtem und genossenem Geschlechtsverkehr verwischt“ würden. Schlimmer noch: Bornemann, der in München ein Forschungsinstitut betreibt, hat die Kinder als die wahren Schuldigen ausgemacht. Wenn einer den anderen ausbeute, dann „stets das Kind den Erwachsenen und nicht der Erwachsene das Kind“. Denn, so Bornemann, „normale und gesunde Kinder haben eine ausgeprägte Sexualität, die sie auch einsetzen möchten“. Kinder wüßten genau, was sie tun, sexuelle Reife sei „keine Frage des Alters“.

Der Unterhaltspflichtigen-Verband wiederum vertritt die Auffassung, daß immer häufiger versucht werde, mit dem Verdacht des sexuellen Mißbrauchs gegen Väter Unterhaltsansprüche durchzusetzen. Die Modewelle der sexuellen Diffamierung sei aus den USA zu uns herübergeschwappt. Und just in dieser Broschüre mit diesen unsäglichen Thesen findet sich also das Vorwort von Peter G.

„Es ist ein himmelschreiender Skandal, daß Umweltminister Gauweiler Kräfte unterstützt, die sexuelle Gewalt gegen Kinder zu relativieren versuchen“, kritisiert die Landesvorsitzende der bayerischen Grünen, Margarete Bause. Gauweiler müsse die Verbreitung der Broschüre verhindern und sich öffentlich zu dem Vorgang erklären. Die Broschüre, so habe eine Nachfrage der Grünen ergeben, sei noch im Druck. Doch beim genannten Verband werden wir mit der Auskunft abgekanzelt: Broschüre bereits vergriffen!

Ja, und Peter G.? Der hat sich inzwischen geäußert, geärgert, und er hat „entschieden protestiert“, beispielsweise gegen die 'Süddeutsche Zeitung‘. G.'s Vorwurf: „Es hätte zumindest erwähnt werden müssen, daß das dem Veranstalter zur Verfügung gestellte Grußwort mit den abwegigen und indiskutablen Thesen des Herrn Bornemann nichts zu tun hat.“ Die Zeitungen sind es also, die Gauweilers Blauäugigkeit hätten ausbügeln müssen. Aber so geht das nun mal, „wenn man als Politiker überall dabeisein möchte, auch ohne zu wissen, worum es geht. Hauptsache, der Name ist korrekt geschrieben“ (Zitat aus 'tz‘, München). Herr Gauweiler abschließend in der Münchner 'Abendzeitung‘: „Ich empfinde dies als Beschmutzung meiner Person.“

Der Thesen-Drescher Bornemann (der sich Interviews gut bezahlen läßt) hat inzwischen in einem Interview mit dem Rundfunksender „Antenne Bayern“ ein fragwürdiges Rückzugsgefecht eingeläutet. Das sei ja alles verdreht worden, sei ja gar nicht seine Meinung, sondern nur ein Zustandsbericht, wie es in anderen Kulturkreisen zugehen würde.

Bei den alten Griechen beispielsweise, da sei Sex mit Kindern ganz normal gewesen. Und überhaupt, ihm jetzt anzudichten, er hätte Erwachsenen einen Freibrief für Sex mit Kindern erteilt, sei schlichtweg falsch. Seine Fachgruppe plädiere keineswegs für das Recht des Erwachsenen auf Geschlechtsverkehr mit Kindern, sondern für das Recht des Kindes auf Geschlechtsverkehr mit Erwachsenen. Klaus Wittmann