Grüne streiten um Asylrecht

Vier Landesverbände opponieren gegen den Beschluß zur Flüchtlings- und Einwanderungspolitik  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) — „Der Beschluß zur Asyl- und Einwanderungspolitik von Berlin ist alles andere als vorwärtsweisend.“ SprecherInnen von gleich vier Landesverbänden der Grünen — Hessen, Baden-Württemberg, Saarland und Bayern — haben gestern in Wiesbaden in einer gemeinsamen Erklärung den Bundesparteitagsbeschluß mit dem Tenor „offene Grenzen“ kritisiert und dabei konstatiert, daß eine Erneuerung der Asyl- und Einwanderungspoltik offenbar „nur aus den Bundesländern“ kommen könne.

Auf Nachfrage wies die Landesgeschäftsführerin der hessischen Grünen, Margareta Wolf, darauf hin, daß die von den LändervertreterInnen vorgestellten „Eckpunkte“ für eine neue Migrantenpolitik in allen vier Bundesländern bereits den basisdemokratischen Segen erhalten hätten. Wolf: „Das ist Beschlußlage in den Landesverbänden.“ Danach soll das Asylrecht (Artikel 16.2 GG) in seiner heutigen Fassung weiterhin zum Schutz der Bleiberechte politisch Verfolgter erhalten bleiben. Und auch das kommende europäische Asylrecht, so die LandesvorständlerInnen und Fritz Kuhn von der Parlamentsfraktion der Grünen in Baden-Württemberg, müsse ein Individualrecht mit Grundgesetzcharakter sein. Dagegen plädieren die Grünen aus den vier Ländern für ein „Einwanderungskonzept mit humanen Quoten und anschließenden Integrationsmaßnahmen“. Und deshalb, so Wolf, unterstütze man vorbehaltlos die ensprechende Initiative von Bündnis 90/Grüne für ein Einwanderungsgesetz. Darüber hinaus schlagen Wolf, Kuhn, Ullrich (Saarland) und Häfner (Bayern) vor, zwischen Asyl- und Einwanderungspolitik zu differenzieren. Die Begriffe Asylsuchende und Einwanderer müßten neu und „richtig“ definiert werden, damit der Zuzug „human und sozial“ geregelt werden könne.

Nach den Vorstellungen der vier grünen Landesverbände würden so drei reale Möglichkeiten für die Zuwanderung geschaffen: Den Artikel 16 GG für politische Flüchtlinge, eine realitätsorientierte Kontingentflüchtlingsregelung und ein Einwanderungsgesetz. In Wiesbaden jedenfalls gaben sich die VertreterInnen der vier Landesverbände optimistisch: „Die von den Ländern bereits gefaßten Beschlüsse werden bei der nächsten Bundesversammlung eine deutliche Mehrheit bekommen.“