Marlene Dietrich und der Berliner Senat

■ betr.: "Die Berliner gönnen Marlene keine Ruhe", "Marlene, wir lieben Dir!", Kommentar von Ute Scheub, taz vom 14.5.92

betr.: »Die Berliner gönnen Marlene keine Ruhe«, »Marlene, wir lieben Dir!«, Kommentar von Ute Scheub, taz vom 14.5.92

Das ist ja nun wirklich phantastisch. Der Berliner Senat, der eine Hauptstadt verwalten und Olympische Spiele nach Berlin holen will, schafft es nicht, eine einstündige Gedenkfeier für Marlene Dietrich im Deutschen Theater auf die Beine zu stellen. Und zur Begründung fällt dem Senatssprecher nichts Besseres ein, als daß die Freunde und Weggefährten der Dietrich schon recht alt und somit gebrechlich seien. Welch überraschende Nachricht!

Für wie blöd hält uns dieser Senat mit seinem Sprecher eigentlich, daß man erwartet, wir würden das so abnehmen? Hätte es nicht allein in dieser Stadt genug rüstige SchauspielerInnen, Theaterleute, SchriftstellerInnen und MusikerInnen gegeben, die ihrer Verehrung für die Verstorbene hätten Ausdruck verleihen können; so wie es mit Sicherheit auch genug Leute gegeben hätte, die sich imstande gesehen hätten, eine Gedenkstunde im Deutschen Theater zu gestalten und mit den Hinterbliebenen abzustimmen.

Was also ist wirklich los; sind sie so doof beim Senat, oder tun sie nur so? Und was wäre nun schlimmer, daß sie vielleicht wirklich schlicht unfähig sind dort oder daß sie — so kurz vor den Kommunalwahlen — vielleicht feige zurückweichen vor einem »Volksempfinden«, das immer noch einem vor 47 Jahren glücklicherweise verlorenen Krieg nachtrauert.

Wie dem auch sei, ich bin gespannt auf die nächsten Großtaten dieses Senats. [...] Barbara Tennstedt, Berlin 41