UNTERM STRICH

Das Berliner Haus der Kulturen der Welt, kurz auch das alternative HdKdW genannt, das in der einst eingestürzten ehemaligen Kongreßhalle im Tiergarten vor dreieinhalb Jahren seinen Standort eingenommen hat, bekommt eine neue Leiterin. Anke Wiegand-Kanzaki hat ihre Auslandserfahrungen im Dienste des Geothe-Instituts gesammelt. Seit 1986 leitete sie das Goethe-Institut in Bombay, davor war sie u.a. in Japan. Auch der scheidende Geschäftsführer Günter Coenen, der im vergangenen Jahr das große Indien-Festival organisiert und koordiniert hat, ist eigentlich ein Mann der Goethe-Institute. Er scheidet vorzeitig aus seinem Vertrag und übernimmt in Athen eine Filiale der deutschen Auslandsinstitute.

Anke Wiegand-Kanzaki wird sich künftig mit den drohenden Übergriffen der Bundesregierung bzw. des Auswärtigen Amtes auf ihr Haus und ihre Arbeit auseinandersetzen müssen. Zum einen liegt die ehemalige Kongreßhalle im Tiergarten in unmittelbarer Nähe zum Reichstag und damit mitten im künftigen Regierungsviertel, zum anderen ist das Auswärtige Amt (zusammen mit der Stadt Berlin) Finanzgeber des Hauses der Kulturen der Welt. Allerdings sind die Bonner Zuwendungen in diesem Jahr von vier auf drei Millionen Mark gekürzt worden. Trotzdem wünscht sich die Kulturabteilung des Bonner AA mehr Eingriffsmöglichkeiten auf die Programmgestaltung des Hauses. Bislang nämlich, so Coenen, wurden solche Vorschläge abgelehnt.

Vor kurzem veröffentlichten wir eine Umfrage eines Londoner Marktforschungsunternehmens, wonach die Deutschen immer lesefreudiger werden und sehr viel mehr Geld für Bücher ausgeben als ihre europäischen Nachbarn etwa. Zurückzuführen ist das u.a. auf den enormen Nachholbedarf in den neuen Bundesländern, Papier und Druckwaren waren schließlich Mangelware in der ehemaligen DDR. Für welche Bücher aber das Geld über den Ladentisch wandert, wurde nicht ermittelt. Denn ein nicht geringer Teil des Umsatzes wird nämlich in den 19 neuen Filialen des Bertelsmann- Buchclubs getätigt. Über eine Million neue Mitglieder hat der Bertelsmann-Club in den fünf neuen Bundesländern gewonnen (in der gesamten Republik sind es 6,5 Millionen). Der Umsatz des Unternehmens hat sich von 1986 mit 609 Millionen Mark auf heute 1,2 Milliarden Mark beinahe verdoppelt.

Während in Berlin die Gastspiele des 29. Theatertreffens keineswegs immer für ausverkaufte Säle sorgen, wird im Theater des Westens fieberhaft geprobt. Dort soll nämlich am 28.Mai die Uraufführung der Revue Der blaue Engel vonstatten gehen, die der Regisseur Peter Zadek nach einer Textfassung von Tankred Dorst mit Ute Lemper, Ulrich Wildgruber und anderen Stars einstudiert. Zadek ist erkrankt, wie am Mittwoch bekanntgegeben wurde, die Haupt- und Generalprobe liegt nun in den Händen von Jérôme Savary, der für die Revueeinlagen zuständig war. Für das Bühnenbild ist Dieter Flimm verantwortlich, die musikalische Leitung liegt bei Rolf Kühn. Hat die Produktion — nach dem Tod der Dietrich — der gute Schutzengel verlassen?