Eigentlich unsichtbar

■ Meister Eder und sein Pumuckl, ARD, Sa. 17.23 Uhr

Ja, ich sage es ganz unumwunden: Ich bin ein Pumuckl-Fan. Es geschah vor gut zwanzig Jahren, wahrscheinlich an einem dieser unsäglich langweiligen Sonntagnachmittage, wo die Welt in Anständigkeit erstickte und die Eltern einen zum Spaziergang vergatterten.

Fernsehen gab's damals nur in homöopathischen Dosen, weil man früher allen Ernstes glaubte, daß TV Kinder grundsätzlich blöd macht.

Nicht so der portable Schallplattenspieler. Der galt als unbedenklich und Kinderplatten als phantasieanregend.

So verfügten mein Bruder und ich neben einer reichen Sammlung von Märchen- und Kasperle-Platten auch über einige wirklich „progressive“ Aufnahmen: darunter ein paar Nummern von den Beatles und eben auch Meister Eder und sein Pumuckl in der Hörspielvariante. Inzwischen hat Pumuckl — ursprünglich eine Bucherfindung der Autorin Ellis Kaut— längst den Sprung ins Fernsehen geschafft. Gerade wiederholen die Regionalprogramme jeweils samstags seine Abenteuer.

Ich bezweifle zwar, daß Pumuckl durch seine Visualisierung gewonnen hat— wie auch, denn eigentlich ist er ja unsichtbar! Unbeschadet aber sind in der Fernseh-Fassung alle Eigenschaften erhalten geblieben, die mir den rotmähnigen Nachfahren der Klabautermänner damals so unendlich sympathisch gemacht haben.

Zu danken ist das vor allem Hans Clarin, der dem Kobold nach wie vor seine Stimme leiht. Ach, was — Stimme! Pumuckl jauchzt, Pumuckl kreischt, Pumuckl hohihohht, huijujuit, huahuahuat und klappert zuweilen sogar mit den Zehen — alles durch den Mund Clarins. Es sind auch gar nicht so sehr die Geschichten, die den Reiz der Serie ausmachen.

Allzu bieder und moralingesättigt kommen die Folgen zuweilen daher, und die ständige Pädagogisiererei des ewigen Übervaters Meister Eder (Gustl Bayrhammer, der an diesem Tatort den dackellosen Schreinermeister gibt) geht manchmal auf die Nerven. Doch irgendwie braucht es genau diese kleinbürgerliche Dröhnung von Heimeligkeit, damit sich die rebellische Kraft eines Pumuckl zu unser aller Vergnügen entfalten kann.

Pumuckl ist ein barfüßiger Mini- Anarchist, Dada-Dichter und Sachen-Erfinder in einer Person. Er ist der Anwalt der Naiven und der Rächer der Guterzogenen und als solcher jedem Sonntagsspaziergang vorzuziehen. Großes Kobold-Ehrenwort. Martin Muser