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„Minikrieg“ im südlichen Libanon

■ Israel und Syrien warnen sich gegenseitig vor einem neuen Krieg/ Eskalation und Wahlkampf

Tel Aviv (taz) — Israel schließt die Möglichkeit eines „begrenzten Krieges“ gegen Syrien nicht aus. Das erklärte der israelische Libanon Experte Uri Lubrani am Sonntag im israelischen Hörfunk. Damit ist ein vorläufiger Höhepunkt der Eskalation der Kampfhandlungen im südlichen Libanon erreicht.

Seit Tagen kommt es dort zu Gefechten zwischen der von Israel aufgestellten „Südlibanesischen Armee“ (SLA), die von der israelischen Luftwaffe unterstützt wird, und Kämpfern der libanesischen Schiitenorganisation Hizballah. Der Radiosender der SLA forderte die Bevölkerung nördlich des von Israel besetzten Teils des Südlibanon auf, ihre Häuser zu verlassen. Libanesischen Angaben zufolge hat die israelische Armee große Truppenverbände im Südlibanon konzentriert.

Radio Damaskus warnte vor einem „Minikrieg“ in der Region, falls sich Israel nicht zurückhält. Der Sender warf Israel vor, die Situation absichtlich zu eskalieren, um einen Wahlsieg des in Israel regierenden Likud-Blocks zu sichern. Der israelische Außenminister Levy forderte Syrien in Lissabon auf, die Schiitenorganisation Hizballah zu entwaffnen. Er bat russische und amerikanische Diplomaten in diesem Sinne Einfluß auf Syrien auszuüben. Syrien gilt allgemein als die Macht, die den Libanon informell kontrolliert.

Der neue libanesische Ministerpräsident Solh lehnte jegliche Forderung nach einer Entwaffnung der Hizballah ab. Inzwischen hat der Libanon erneut den sofortigen Rückzug israelischer Truppen aus allen Teilen des Libanon gemäß der UN- Resolution 425 gefordert.

Laut einem Leitartikel der israelischen Zeitung 'Davar‘, bilden die Nahostgespräche und Geheimverhandlungen mit Damaskus den Hintergrund für die neuerliche Eskalation im Südlibanon. „Der israelische Ministerpräsident Schamir ist noch vor den Wahlen an einem Erfolg an dieser Front interessiert“, heißt es dort. Dem syrische Präsident Assad sei aber bisher nicht an einem Abkommen gelegen, auch wenn es Anzeichen einer Zwischenlösung an einer anderen Front — den Golan- Höhen gebe. Israel brauche ein Führung, die es verstehe, den Bewohnern des Nordens Israels das Gefühl der Sicherheit zu geben. Außerdem sei eine gemeinsame Sprache mit den Regierungen in Washington, Teheran und Damaskus zu finden. Die gegenwärtige Führung Israels kann diesen Anforderungen nicht genügen, schließt die Zeitung.

Eine andere israelische Zeitung 'Alhamishlar‘ warnt in einem Leitartikel davor, daß es in Israel Menschen gebe, die aus politischen Gründen eine Eskalation vorziehen würde. In jedem Fall müsse Zurückhaltung geübt werden und diplomatischen Schritten der Vorzug gegeben werden. Amos Wollin

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