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„Singles? Gibt's doch nur in New York“

■ Ist es „Oma“, der Student, geschieden oder alternativ? Auf der Suche nach dem Phänotyp

Im ersten Stock des alten Mietshauses lebt Frau Müller alleine. Sie ist 92 Jahre alt und eigentlich kein Single, nur ist ihr Mann schon vor 20 Jahren gestorben. Die Nachbarn nennen sie „Oma“. Einmal in der Woche besucht sie der Urenkel.

Im 14. Stock eines modernen Hochhauses wohnt Peter. Er ist Student, arbeitet nebenbei im Krankenhaus und wohnt alleine. Im Zimmer stehen seine Computer. Mit denen ist er, sonst etwas schüchtern, mitten in der Welt. Er kann Freunde anrufen und mit ihnen über seine Computer reden. Über anderes redet er wenig. Er hat mal kurz mit einer Freundin zusammengewohnt. Sie mochte seine Computer nicht, er konnte ihre Katze nicht ausstehen. Da wohnt er lieber allein.

Martina wohnt auch alleine. Sie geht zum Abendgymnasium und arbeitet halbtags. Zwischendurch muß sie lernen — wegen des Numerus clausus. Martina klagt heftig über ihre Vereinsamung. Niemand ruft sie an. Seit sie „die Schule macht“, fühlt sie sich immer mehr isoliert. Dabei ist sie eigentlich keine Single. Ihr fehlt nur die Zeit, jemanden kennenzulernen. Ihre Freundin Renate lebt auch allein, zusammen mit ihrer dreijährigen Tochter. Sie arbeitet ganztags als Sekretärin. Abends ist sie „alle“ und muß sich um das Kind kümmern. Sie hat eine große Wohnung, wie ein Single eben. Der Ex-Ehemann ist schon vor Jahren ausgezogen und hat sich seither nicht mehr blicken lassen. Sie füttert sich und ihr Kind mit Schokoladenkeksen kugelrund.

Eine alleinlebende, gut verdienende Soziologin weiß es genauer: den oder das Single hält sie für ein Klischee der Boulevardzeitungen. Sie würde schon in diese Kategorie passen. Nicht mehr ganz young, aber sehr urban und professional: „Aber reich und nur oberflächlich sind die meisten Alleinlebenden eben nicht.“ Viele hätten andere Gründe, als daraus einen Lifestyle oder gar eine Weltanschauung zu machen. Sie selbst hat ihren langjährigen Freund verlassen, als ihr klar wurde, daß er zwar ihre Anteilnahme an seinem Beruf forderte, aber sie darüber einfach nicht dazu kam, ihre Promotion „auf die Reihe zu kriegen“. Erst war es nur eine eigene kleine Wohnung zum Rückzug: „Da habe ich eben mehr Wohnraum gebraucht, weil er mir keinen gelassen hat.“ Aber: „Das hat er nicht verkraftet.“

Mario und Sabine dagegen sind eigentlich echte, überzeugte Singles. Dabei leben sie in ihrer großen Wohnung zusammen und sind sogar, „notgedrungen, wegen seiner Firma“, verheiratet. Bleibt nur noch ein Besuch bei Tante Annemarie. Sie ist tatsächlich eine fanatisch Alleinlebende, verdient als Vorarbeiterin gerade so viel, „daß es mir reicht“. Tante Annemarie hat zwei Ehen überstanden, noch sechs Jahre „bis zur Rente“. Sie sagt, die Hände in die Hüften gestemmt: „Mir kommt nie wieder ein Mann über die Schwelle!“ Und: „Single? Weiß ich nicht, was dat ist. Gibt es doch nur in München oder New York.“ Aber „den Kerlen“ noch einmal hinterherräumen, auf Schicht gehen und „noch denen ihre alten Socken am Hals, da bleib' ich lieber allein“. Früher hätte man das „als Frau ja nicht gekonnt“.

Ein letzter Versuch bei der Wohngemeinschaft nebenan — zwei Männer, eine Frau. Sie arbeiten alle in sozialen Berufen und wollten eigentlich „anders, mehr gemeinschaftlich“ leben. Heute teilen sie sich die Küche und das Bad.

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