Grüne für Bündnisse mit SPD und FDP

■ AL will Bürgermeisterämter in Kreuzberg und Tiergarten/ Keine Forderung nach Neuwahlen Bündnis 90: Zum Zusammenschluß mit AL »verpflichtet«/ Auch PDS-Kandidaten würden gewählt

Berlin. Nach ihrem Erfolg bei den Kommunalwahlen trumpfen Grüne/ AL und Bündnis 90 auf. In den Bezirken Kreuzberg und Tiergarten, in denen die Grünen mit 29,1 und 25,2 Prozent ihre besten Ergebnisse hatten, beansprucht die Igel-Partei das Amt des Bezirksbürgermeisters. »Wir sind die eigentlichen Sieger«, begründete Jochen Esser vom Geschäftsführenden Ausschuß (GA) der AL diesen Anspruch, den seine Partei erhebt, obwohl die SPD in beiden Bezirken leicht besser abgeschnitten hatte. »Wir brauchen starke Stimmen, die nicht in die Große Koalition eingebunden sind und sich gegen die Großprojekte des Senats in der Innenstadt wenden können.«

Die »große Koalition der Verlierer aus CDU und SPD« dürfe nicht auch in den Bezirken durchgesetzt werden, erklärte der Vorständler weiter. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) bewege sich mit solchen Forderungen »am Rande des Verfassungsbruchs«.

Die Grünen, so Esser, streben rot- grüne Koalitionen oder aber Ampelbündnisse unter Einschluß der FDP überall dort an, wo dies möglich ist. Rot-grüne Mehrheiten gebe es in den Bezirken Tiergarten, Wedding, Prenzlauer Berg, Schöneberg, Kreuzberg, Spandau, Treptow, Köpenick und Weißensee. Ampelbündnisse wären in Charlottenburg, Steglitz, Wedding, Reinickendorf und Zehlendorf möglich. Am gestrigen Abend traf sich der grüne GA mit dem Geschäftsführenden Ausschuß (GA) des Bündnis 90, um mit der Schwesterorganisation über Konsequenzen aus dem Wahlergebnis zu beraten. Uwe Lehmann vom Bündnis 90/Grüne-Alternative Liste sah seine Partei gestern in einem »politischen Dilemma«.

In einigen Bezirken mit hohem PDS-Anteil sei sie dazu verurteilt, sich entweder mit den Parteien der Großen Koalition oder aber mit der PDS zu verbünden, zu der die Bürgerbewegungen bisher »ein distanziertes Verhältnis« gehabt hätten. Der einzige Ausweg, so Lehmann: »Wir müssen jeweils den besten Bürgermeisterkandidaten wählen, egal ob CDU oder PDS.«

Grüne wie Bündnis sehen in dem Ergebnis eine Bestätigung ihrer Fusionsabsichten. Mit Blick auf die stadtweiten 4,8 Prozent, die sich für das Bündnis 90 aus ihrem Ostberliner Abschneiden ergeben hätten, meinte Lehmann: »Das hat uns noch mehr verpflichtet, den Sack endgültig zuzubinden.« In der Öffentlichkeit würden beide Organisationen bereits als »eine politische Kraft wahrgenommen«.

Solange der für 1993 vorgesehene Zusammenschluß nicht stattgefunden habe, mache auch die Forderung nach Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus wenig Sinn, sagte AL-Vorstandsmann Esser. Deshalb und weil im Moment eher »Wahlmüdigkeit« herrsche, habe man diese Forderung zurückgestellt. hmt