MERKWÜRDIGE VORGÄNGE IN KEMPTEN

Gülle fürs Finanzamt

Kempten (taz) — Die Serie ungewöhnlicher Vorgänge beim Finanzamt Kempten reißt nicht ab. Vor etwas mehr als einem Jahr (wir berichteten) hatte ein anonymer Spender der Finanzbehörde in einem Kuvert 10.000 Mark zukommen lassen. Auf Nachfrage erfuhren wir dann von Amtsleiter Günter Goettgens, daß dies bei ihm nicht das erste Mal war. Schon einige Jahre zuvor hatte er im Briefkasten eine 20.000-Mark- „Spende“ vorgefunden. Beide „Spender“ sind dem Amt bislang nicht bekannt. Es wird vermutet, daß reuige Steuersünder dahinterstecken.

Vermutungen können auch über einen neuen „Spender“ angestellt werden, der dem Amt allerdings weit weniger genehm ist. Der Täter hat nämlich am vergangenen Freitag rund zwei Liter Gülle in den Finanzamtsbriefkasten gegossen. „Statt Geld kam diesmal Gülle“, kommentiert der Amtsleiter den Vorgang trocken. „Der Hausmeister hat die am meisten verschmutzte Post in den Garten gelegt, mit einem Schlauch abgespritzt und getrocknet. Jetzt wird die weiterbearbeitet.“ Wie Günter Goettgens am Montag mitteilte, sei die Luft im Finanzamt jetzt auch wieder rein. „Stellen Sie sich vor, das wäre passiert, als die 10.000 Mark im Briefkasten waren.“

Die Polizei ermittelt, konnte bislang jedoch keinen Hinweis auf den Täter bekommen. Was dem Finanzamtsleiter bei den großzügigen Geldbriefen passiert, droht dieses Mal wohl kaum: Vergangenes Jahr hatte er nämlich stapelweise Bittbriefe bekommen. Klaus Wittmann