DIHT: Brüssels Buchhalter sollen sparen

■ Der Deutsche Industrie- und Handelstag lehnt die EG-Haushaltspläne als überzogen ab/ Einsparungen im Agrarbereich gefordert/ Kritik an Regionalförderung

Bonn (dpa/taz) — Der deutschen Wirtschaft wird der EG-Haushalt zu teuer. Nachdem die Milliardenforderungen der EG-Kommission bereits im Bonner Finanzministerium auf Widerstand gestoßen war, machen sich nun auch die Unternehmensverbände für Einschränkungen der Brüsseler Kassenpläne stark. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) lehnt den von der EG-Kommission vorgegebenen Finanzrahmen bis 1997 ab, der eine Aufstockung der Mittel um 20 Milliarden Ecu vorsieht.

In einem gestern veröffentlichten Positionspapier zu dem nach dem Kommissionspräsidenten Jacques Delors benannten „Delors-II-Paket“ schreiben die DIHT-Experten, mit einer Finanzplanung ohne konkrete Aufgabenplanung sei eine solide Finanzierung des Europäischen Hauses nicht möglich. Besonders aufgestoßen müssen den Wirtschaftsfunktionären die Agrarsubventionen sein, die mit 50 Prozent den Löwenanteil des Budgets verschlingen. Auch nach den jetzt beschlossenen Korrekturen der EG-Agrarpolitik sieht der DIHT in diesem Bereich weiterhin die „größten Einsparmöglichkeiten“. Die Landwirtschaft müsse „näher an den Markt herangeführt“ und auf ein vertretbares Maß gesenkt werden, fordert der Verband, die längst überfällige Reform sei mit den Beschlüssen vom 21.Mai nur eingeleitet worden. Sie dürfe auch durch die Bereitstellung nationaler Agrarbeihilfen nicht unterlaufen werden. In der DIHT-Expertise wird ferner die „Gießkannen“-Förderung der EG-Regionen sowie die Forschungspolitik kritisch unter die Lupe genommen. Der DIHT spricht sich zwar für eine Stärkung der benachteiligten Regionen aus, jedoch nicht über zusätzliche Mittel, sondern durch Einsparungen an anderen Stellen. Der Delors-Plan sieht eine Aufstockung der regionalen Fördermittel um 11 Milliarden Ecu auf rund 60 Milliarden vor. Ein zentraler Fehler der Regionalförderung sei das sehr unübersichtliche Fördersystem und die mangelnde Koordination, wurde kritisiert.

Kern des Delors-II-Pakets, das die Kommission auch als ersten Finanzrahmen nach den Europabeschlüsse des Maastrichter Gipfels vom Dezember ansieht, ist die Aufstockung der EG-Eigenmittel von derzeit 1,20 auf 1,37 Prozent des Gemeinschafts-Bruttosozialprodukts. Umgerechnet werden damit bis 1997 die Finanzmittel der EG um etwa 40 Milliarden Ecu oder 80 Milliarden Mark erhöht — das entspricht einer jährlichen Steigerungsrate von zehn Prozent. Die Deutschen hätten dann 22 Milliarden Mark zu zahlen — vier Milliarden mehr als bisher. Der DIHT hält diese Zuwachsraten für zu hoch. Sie müßten schon deshalb deutlich gesenkt werden, „um die im Unionsvertrag geforderte Sanierung der nationalen Haushalte nicht zu gefährden“. Es sei den BürgerInnen in Europa „nicht zu vermitteln, wenn von den nationalen Etats strenge Haushaltsdisziplin gefordert werde, während die Kommission zwei- bis dreifache Steigerungsraten“ plane.

Auch Finanzminister Theo Waigel (CSU) bekräftigte gestern, daß die EG-Länder für die Bewältigung aufkommender wirtschaftlicher Ungleichgewichte selbst verantwortlich bleiben. Es bestehe daher auch „kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich aus der Gemeinschaftskasse“. Niemand könne heute mehr behaupten, die Rückführung öffentlicher Defizite, die Einschränkung des Geldmengenwachstums und die Begrenzung des Lohnkostenanstiegs würden die Volkswirtschaften strangulieren. es