Geld ist schön

■ Der Schweizer Pazifist und Aktionskünstler G.P. Adam

Fast hätten die Schweizer und Schweizerinnen — jawohl auch sie — ihre Armee per Volksentscheid abgeschafft. Aber eidgenössische Behörden verstehen in diesen Dingen noch immer keinen Spaß. Sie möchten dringend einen 29jährigen Bürger ihres schwerbewaffneten Kleinstaates verhaften, der unter dem Namen »G.P. Adam« illegal in Berlin lebt. Die Liste seiner Vergehen ist lang: Kriegsdienstverweigerung, Betrug an einer Schweizer Bank und Landesverrat.

Adam hat erfolglos einen Asylantrag in Deutschland gestellt und wird inzwischen auch hier strafrechtlich verfolgt: Wegen Denkmalschändung und Sachbeschädigung. Der friedensbewegte Überzeugungstäter hatte in Recklinghausen ein Kriegerdenkmal pazifistisch verfremdet.

Falls es je zu einer Gerichtsverhandlung kommt, stände mal wieder die Freiheit der Kunst zur Debatte. Denn Adams Provokationen sind Kunstwerke — Fernsehen und Zeitungen berichten darüber —, und jedes Mal stehen die Behörden lächerlicher da. Uns freut das sehr, und noch mehr freut uns, daß der freundliche Störenfried nun auch zu uns ins Haus kommt. Er baut zur Zeit in der Kantine der taz eine Installation auf, die leider nur an diesem Wochenende im Rahmen des Genossenschafter- Kongresses unserer Zeitung zu sehen ist. Es geht ums Geld, das wir alle brauchen, Adam und wir ganz besonders, aber auch darum, daß Geld nicht nur Geld ist, sondern geistige Qualitäten besitzt. Spekulieren Sie mit Kunst heißt denn auch Adams Ausstellung. Neu ist die Aufforderung nun gerade nicht, sie wird längst im Übermaß befolgt, nur ist sie in unserer Kantine besonders ungeschminkt formuliert: An der Wand hängen 100-Mark Scheine, die der Künstler höchstselbst bunt bemalt hat, vor ihnen stehen auf kleinen Altären Plastiken aus Müll. Zu jedem Objekt gehört außerdem eine sogenannte »Infoaktie«, die aus fotokopierten Presseartikeln über vergangene Aktionen des G.P. Adam besteht.

Mit 20 Prozent Rabatt für den Käufer — oder die Käuferin — kann das selbstaufklärerische Monopolyspiel beginnen. Jedes der dreiteiligen Kunstwerke kostet am Tag der Ausstellung 80 Mark. Das Problem besteht nun darin, entweder den bemalten Geldschein in einer Bank gegen einen unbemalten einzutauschen — 20 Mark Gewinn mit dem Risiko, wegen Beschädigung eines offiziellen Zahlungsmittels angezeigt zu werden —, oder aber Schein samt Müllplastik mit Hilfe der Infoaktie weiterzuverkaufen. Die Gewinnchancen sind in diesem Fall praktisch unbegrenzt, das Risiko der Pleite allerdings auch. Bei Wiederverkaufspreisen über 100 Mark möchte der Künstler mit existentiell bescheidenen 5 Prozent am Mehrwert beteiligt werden, Spekulationsverlierer sollten sich mit dem grünen Punkt trösten, der auf den Müllskulpturen klebt — wer auf dieser Kunst sitzenbleibt, darf sich wenigstens eines guten Entsorgungsgewissens erfreuen.

Adam selbst hofft auf Begnadigung, er möchte sich in Deutschland legalisieren. Die Geldschein-Ausstellung wird in Ost-Berlin wiederholt, inzwischen interessiert sich die Werbeabteilung einer deutschen Bank durchaus wohlwollend für das nächste Projekt des Aktionisten: Adam möchte einen Tresorraum mit einer Million Mark in bar füllen und als Geldbad zugänglich machen. Diese Dagobert-Duck-Vision hat schon jetzt zu einer naheliegenden Ergänzung der Installation in unserer Kantine geführt: Vor den Objekten sind Nagelteppiche ausgelegt, die den Panzerknackern unter uns den Fluchtweg abschneiden sollen. nh