SPD-Basis mit Wahlergebnis unzufrieden

■ Parteichef Momper erntet auf SPD-Parteitag Kritik von der Basis/ Mehrere Sozis fordern Entscheidung über Spitzenkandidaten/ Hellersdorfer Bürgermeisterin Köhnke tritt wegen Stasi-Mitarbeit zurück

Berlin. Das glimpfliche Abschneiden der SPD bei den Kommunalwahlen hat an der sozialdemokratischen Basis weitaus mehr Unruhe erzeugt, als die ersten Stellungnahmen von Parteichef Walter Momper vermuten ließen. Mompers Einschätzung, das Ergebnis sei für die SPD »nicht unbefriedigend«, habe ihn »tief getroffen«, klagte ein Redner vor dem Parteitag, zu dem die Sozialdemokraten sich am Freitag im ICC versammelt hatten. Zahlreiche Redner äußerten sich ähnlich, darunter Jugendsenator Thomas Krüger, der meinte, das Ergebnis sei »alles andere als ein Erfolg«.

Die SPD war aus dem Kommunalwahlen mit 31,8 Prozent als stärkste Partei hervorgegangen, mußte aber im Vergleich zu den letzten Bezirkswahlen 1989 und 1990 deutliche Einbußen hinnehmen. Viele Sozialdemokraten richteten am Freitag den Blick bereits auf den nächsten Wahltermin. Vertreter des linken wie des rechten Flügels forderten ihre Partei auf, möglichst bald einen Spitzenkandidaten für die für 1995 vorgesehenen Wahlen zum Abgeordnetenhaus zu küren. Bislang hat nur Momper den Willen zu einer Kandidatur bekundet. Sein innerparteilicher Rivale, SPD-Fraktionschef Ditmar Staffelt, hat seinen Anspruch noch nicht offen angemeldet.

Während sich Momper am Freitag gegen eine »Personaldiskussion« zum jetzigen Zeitpunkt aussprach, verlangten der Steglitzer Volksbildungsstadtrat Thomas Härtel und der Weddinger Kreisvorsitzende Hans Nisblé eine rasche Kandidatenkür. Auch in der SPD-Fraktion gibt es inzwischen Überlegungen in diese Richtung. Ein Koalitionsbruch und vorzeitige Neuwahlen könnten rascher ins Haus stehen als gedacht.

In seiner Rede vor dem Parteitag warnte Momper die CDU vor einer »Wende in der Politik des innerstädtischen Wertausgleichs«. Trotz ihrer Wahlniederlage im Ostteil der Stadt dürfe die CDU nicht in eine »Klientelpolitik« für die Bürger des Westteils verfallen. Der Parteienverdrossenheit müsse die Politik mit »mehr Demokratie« begegnen, meinte Momper. »Warum«, so die Frage des Parteichefs, »sollen die Menschen nicht selbst abstimmen dürfen über die Abschaffung des §218, über die Einführung der Pflegeversicherung oder auch über stadtpolitische Fragen wie die Olympiabewerbung.«

Die Hellersdorfer Bürgermeisterin Marlitt Köhnke, die zunächst trotz ihrer Stasi-Kontakte wieder für das Bürgermeisteramt kandidieren wollte, erklärte vor den Delegierten ihren Amtsverzicht. Weil sie nicht eher über ihre Stasi-Verstrickung in den frühen siebziger Jahren gesprochen habe, hätten sich viele Parteifreunde getäuscht gefühlt, begründete Köhnke ihren Schritt. hmt