Die Herthaner stürmten den Fuchsbau

■ Endspiel um den Paul-Rusch-Pokal der Fußball-Amateure: Reinickendorfer Füchse — Hertha BSC 0:1

Charlottenburg (taz) — Mit schöner Regelmäßigkeit im Mai packt die bundesdeutschen Fußballfans das Reisefieber. „Wir fahren nach Berlin“, grölen sie dann und wollen ihre Kicker gleich mit an die Spree nehmen, wo sie im Olympiastadion nach dem DFB-Pokal greifen sollen, In den Gehörgängen jener Anhänger, die ohnehin an der Spree beheimatet sind, muß dieser Gassenhauer wie Hohn klingen. Mit schöner Regelmäßigkeit scheitern nämlich die Berliner Clubs, bevor sie überhaupt in Gefahr kommen könnten, den Sieger-Pott überreicht zu bekommen.

Wenigstens gibt es noch die Paul- Rusch-Trophäe für Berlins beste Amateur-Balltreter. Dieser Wettbewerb, benannt nach dem Gründungsvorsitzenden des Westberliner Fußball-Verbandes, erfüllt gleich zwei Aufgaben: er beläßt wenigstens einen Titel in Berlin und bietet dem geneigten Zuschauer die einzigartige Möglichkeit, schon heute die Versager von morgen zu bewundern. Der Sieger dieses finalen Wettstreits darf als Belohnung bei den Großen im DFB mitspielen. Wo er bislang allerdings immer unter ferner liefen mitgurkte. Nun hatten die Reinickendorfer Füchse und Hertha BSC die Chance zu solch fragwürdiger Belohnung. Diese beiden Vereine — vom letzteren freilich die Amateurausführung — bestritten am Freitag das Paul-Rusch-Finale 91/92. Sechsmal hatte Hertha diesen Titel erringen können — die Füchse noch nie. Der Besucher im Mommsenstadion fragt sich jedoch zunächst, wo die starken Ossis vom FC Berlin, 1. FC Union oder Bergmann-Borsig geblieben waren. Die hatten, ganz im Stile der Großen unserer Stadt, frühzeitig die Segel gestrichen.

Der Spielfilm vor 1.400 Zuschauern verlief wie manches Endspiel in letzter Zeit. Sowohl die optisch überlegenen Herthaner als auch die konterstarken Füchse erspielten sich eine Reihe sehenswerter Tormöglichkeiten — ein Treffer wollte jedoch keiner Partei gelingen. Das ging 84 Minuten so, bis eine Hertha- Flanke von rechts Stefan Milenz frei sah. Der Nachwuchskicker aus dem Zweitligastall konnte beim besten Willen nicht mehr abtauchen, also mußte er das alles entscheidende 1:0 für die Herthaner köpfen. Ende gut, alles gut. Die Füchse schlichen bedröppelt in ihren Bau zurück, während der Sieger den Pokal in Beschlag nahm. Jürgen Schulz