INTERVIEW
: „Die Verschwendungsmentalität muß aufhören“

■ Stephan Schmidheiny, Vorsitzender des Business Council for Sustainable Development (BCSD), zum Öko-Kurswechsel

Der Schweizer Großindustrielle Schmidheiny wurde beauftragt, für den UN-Umweltgipfel ein Konzept für eine nach ökologischen Prinzipien arbeitende Wirtschaft zu erstellen. Zusammen mit 48 Top-Managern weltweit tätiger Unternehmen hat der 44jährige jüngst seine BCSD-Studie unter dem Titel „Kurswechsel“ vorgelegt.

taz: Warum wehren sich Unternehmer so vehement gegen Umweltgesetze, obwohl sie neuerdings als Vorreiter im Bereich des Umweltschutzes gelten wollen?

Schmidheiny: Umweltgesetze sind nicht schlecht, es kommt nur auf die Art der Gesetze an. Gesetze sind schlecht, wenn sie Lösungen vorschreiben, das beeinträchtigt die Kreativität. Kein Markt kann ohne Regeln existieren. Aber bevor die Regierungen neue Steuern und Gesetze verabschieden, sollen sie erst einmal die Subventionen abschaffen.

Welche Subventionen meinen Sie damit?

Zum Beispiel beim Wasser. Wasser ist der wichtigste und knappste Rohstoff der nächsten Jahre. Die Subventionen verhindern den sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Oder nehmen wir die Europäischen Gemeinschaft. Es gleicht geistigem Wahn, daß reife Regierungen unfähig sind, bei den GATT-Verhandlungen die Frage der Subventionen zu lösen. Warum ist es scheinbar unmöglich, die Subventionen für europäische Bauern zu streichen? Das habe ich nie verstanden.

Sie fordern, daß die Preise neben den Produktionskosten zunehmend die Kosten von Umweltschäden widerspiegeln sollen. Wer soll das bezahlen?

Das ist problematisch. Wenn die Ressourcen ihren richtigen Preis widerspiegeln, das heißt, teurer werden, werden sie auch sparsamer und effizienter verbraucht. Am schwierigsten wird die Entwicklung in den USA sein. Die Verschwendungsmentalität der Amerikaner muß aufhören, sie haben keine andere Alternative. Die Japaner, die in ihrem dichtbesiedelten Land ohne Rohstoffe auf Öko-Effizienz angewiesen sind, werden es leichter haben.

Viele Entwicklungsländer werden von ihren Auslandsschulden erdrückt und müssen um jeden Preis exportieren, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Wie ist unter solchen Umständen die von ihnen propagierte „nachhaltige Entwicklung“ möglich?

Wir sind nicht der Meinung, daß man den Entwicklungsländern ihre Schulden erlassen sollte, mit Ausnahme der ärmsten Staaten, wo jede Hoffnung auf eine Rückzahlung verloren ist. Mexiko hat sein Schuldenproblem zum Beispiel spielend gelöst. Was für die Entwicklungsländer wirklich wichtig ist, ist der freie Zugang zu den internationalen Märkten. In vielen Industrieländern ist zum Beispiel der Import von Rohholz steuerfrei, während auf fertige Möbel Einfuhrzölle draufgeschlagen werden. Wir sind gegen solche Regelungen. Entwicklungsländer sollen Fertigprodukte exportieren können. Wir brauchen eine echte Konkurrenz.

Greenpeace wirft Ihnen vor, sie betrieben ökologische Augenwischerei...

Es ist die Aufgabe von Greenpeace, uns zu kritisieren. Einige der 48 Mitglieder des BCSD gehören in der Tat zu den größten Umweltverschmutzern. Sie müssen noch viel lernen.

Interview: Astrid Prange