Investitionszulage doch bis 1993?

■ Die Regierungsparteien scheinen dem SPD-Antrag nach Förderung in den neuen Ländern nachzugeben

Bonn (dpa) — Die Bonner Parteien sind sich offenbar über eine Verlängerung der Ende Juni auslaufenden Investitionszulage von zwölf Prozent für die neuen Bundesländer einig. Nachdem die SPD dem Finanzausschuß des Bundestages einen entsprechenden Antrag vorgelegt hatte, äußerten sich FDP-Chef Otto Graf Lambsdorff und CDU-Generalsekretär Peter Hintze zustimmend. Unterschiedlich sind aber offenbar die angestrebten Fristen. Die SPD will eine Verlängerung bis zum 31. Dezember 1993. Lambsdorff sagte der 'Berliner Morgenpost‘, bei einem Antrag auf die zwölfprozentige Investitionszulage bis Mitte 1993 sollte diese bis Ende 1995 gewährt werden. Das gleiche müßte nach Auffassung von Lambsdorff für die achtprozentige Zulage gelten, für die die Antragsfrist bis Ende 1993 verlängert werden sollte. Das Prinzip „Rückgabe vor Entschädigung“ stellte er nicht in Frage. Er forderte aber, den Grundsatz „Investitionen haben Vorfahrt“ klar durchzusetzen. CDU-Generalsekretär Hintze begründete seine Zustimmung in der 'BZ‘ damit, daß, als die Zulage beschlossen worden sei, niemand die zeitliche Dimension des Aufbauprozesses habe absehen können.

Nach dem Auslaufen der Solidaritätsabgabe für den Aufbau in den neuen Bundesländern zum 1. Juli sollten sich nach Auffassung von Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) alle gesellschaftlichen Gruppen auf einen „Solidaritätspakt“ verständigen. Der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘ sagte Waigel, der Staat tue alles, damit es nicht zu höheren Abgaben und Steuern komme. Daher sollte sich die Wirtschaft zu höheren Investitionen verpflichten und sich die Tarifparteien damit einverstanden erklären, in den nächsten zwei Jahren die Tarife nur um die Inflationsrate zu erhöhen.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine warf unterdessen der Bundesregierung vor, in der Finanz- und Sozialpolitik „eine knallharte Konfrontationspolitik“ zu betreiben. Sie mißbrauche die Aufbauarbeit in den neuen Ländern für eine „eiskalte Umverteilungspolitik“.