München vorn

■ Die 3. Biennale für neues Musiktheater

Es begann diesmal zögerlich; die Erfolgsprogramme kamen spät, in der letzten Woche erst häuften sich die Höhepunkte. Neben Snatched by the Gods des indisch- englischen Komponisten Param Vir gehörte dazu auch Teorema von Giorgio Battistelli. Der hatte sich an den berühmten Pasolini-Stoff gewagt — und gewonnen. Statt Sängern ließ er Schauspieler agieren, und nur zu Beginn vermißt man den Gesang. Denn die stumm und oft wie in Trance vorbeiziehenden Darstellerinnen und Darsteller übermitteln allein durch Körperhaltung und Mimik ungleich mehr an Aussage, als es ein Sänger könnte, der es gewohnt ist, sich an vorgegebenen Texten und Gesangslinien zu orientieren. Der Hauptgrund für das stumme Zelebrieren liegt aber sicher in der engen Anlehnung an die filmische Vorlage. Auch da wird ja kaum gesprochen. Natürlich ist die unmittelbare Suggestion der filmischen Darstellung auf einer Opernbühne kaum zu wiederholen. Andererseits führt die Musik Battistellis durch ihre anschauliche, aber nie oberflächliche Machart in jene Konstellationen und Seelenspiegelungen, in denen auch feinste Nuancen der Charaktere erfaßt werden: die nahezu anrührende Verlorenheit dieser Egozentriker, ihre neugierige Sehnsucht nach dem schönen Fremden. Es war deshalb überraschend, daß weder Giorgio Battistelli noch Param Vir einen der mit 20.000 DM dotierten Preise bekamen. Der Argentinier Jorge Liderman erhielt den Preis im Fach Komposition für Antigona Furiosa, Pierre Audi für die Inszenierung von Snatched by the Gods, für die musikalische Leitung wurde dessen Dirigent David Porcelijn ausgezeichnet. Simon Vincenzi überzeugte die Jury mit Bühnenbild und Kostümen in Teorema. Die Auszeichnungen bei der „Münchener Biennale für neues Musiktheater“ machen jedoch nicht den Wert dieses einzigartigen Festivals aus. Die Stadt München hat da eine Vorreiterrolle übernommen, indem sie dafür aufkommt, daß vier Wochen lang neue Formen von Bühnenmusik einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden können. Damit wird ganz allgemein ein Interesse an zeitgenössischer Musik gefördert — die lebhaften Pausendiskussionen des Publikums haben dies gezeigt. Ob es gefiel oder nicht, gänzlich unberührt ging niemand nach Hause.

Initiator und unermüdlicher Streiter für dieses Spektakel ist der Komponist Hans Werner Henze. Auch diesmal kann er trotz der mitunter harschen Pressestimmen einen Erfolg verbuchen. Denn am Ende wurden die hochgesteckten Erwartungen der Fachleute erfüllt, und es stimmt traurig, daß man nun wieder zwei Jahre auf das nächste Ereignis warten muß. Helmut Mauró