Der Umwelt geht's gesamtdeutsch mies

■ Erster gesamtdeutscher Umweltbericht: Mehr Müll im Westen, mehr Bodengift und dreckige Luft im Osten

Berlin (taz) — Im ersten gesamtdeutschen Umweltbericht, den Bundesumweltminister Klaus Töpfer und der Präsident des Bundesumweltamts (UBA), Heinrich von Lersner, gestern in Berlin präsentierten, stellt sich die Situation in Ost und West unterschiedlich, aber weder hier noch dort erfreulich dar. Wessis produzieren mehr als doppelt soviel Müll wie Ostdeutsche und verpesten die Luft mit immer mehr Autos. In der ehemaligen DDR ist demgegenüber die Vergiftung der Böden und Gewässer intensiver betrieben worden. Die Bevölkerung hatte außerdem unter den hohen Staub- und Schwefeldioxidemissionen sowie einem fast doppelt so hohen CO2-Ausstoß ihrer mit Braunkohle befeuerten und vorsintflutlich ausgestatteten Kraftwerke zu leiden. Da andererseits die Landschaft nicht derartig radikal flurbereinigt wurde wie im Westen und weniger Straßen das Land zerschneiden, bietet Ostdeutschland mehr Refugien für selten gewordene Tiere und Pflanzen.

Die Datensammlung, die das UBA bereits zum vierten Mal, erstmals aber für Gesamtdeutschland herausgibt, stellt DDR-Daten und BRD-Daten größtenteils auf dem Stand von 1989 gegenüber. 200 neu eingestellte ostdeutsche MitarbeiterInnen hätten geholfen, die DDR-Daten, die zum Teil nur Planzahlen waren, zu bewerten und auf ihre Brauchbarkeit für die Statistik und Vergleichbarkeit mit westlichen Umweltdaten zu überprüfen, sagte von Lersner. Das Datenwerk ist die umfassende deutsche und für die Umweltpolitik dringend notwendige Bestandsaufnahme.

Daß es aber eine „Fundgrube für umweltpolitisches Handeln darstellt“, wie Töpfer lobte, darf bezweifelt werden. Denn die Entwicklung seit der Wende hat positive Impulse zunichte gemacht, wie sie aus einem Vergleich der Ost- und West- Daten beispielsweise für die Abfallbewirtschaftung oder die Minderung der Stickoxide hätten abgeleitet werden können. Zwar werden östliche Kraftwerke auf West-Standard nachgerüstet, aber der Westen seinerseits ist nicht in der Lage, vom Osten die Müllvermeidung oder die „traumhafte“ (Lersner) Ausnutzung der Bahn zum Gütertransport abzugucken. Vielmehr ersticken nun beide Landesteile im LKW-Verkehr.

Töpfer machte deutlich, daß der Autoverkehr weiterhin alle Anstrengungen zur Luftreinhaltung, zum Naturschutz oder zum Energiesparen zu überrollen drohe. Deutsche Autos verbrauchten nach wie vor durchschnittlich zehn Liter Benzin, mehr als in allen anderen europäischen Ländern.

Obwohl beim Verkehr bestenfalls eine Stabilisierung zu erreichen sei, hielt Töpfer daran fest, den CO2- Ausstoß in Deutschland bis zur Jahrtausendwende um 25 Prozent mindern zu wollen. Real wurden jedoch im vergangenen Jahr 30 Millionen Tonnen CO2 mehr in die Luft gepustet als im Vorjahr. bm