Nachgefragt: "Sanierung, nicht Liquidation"

taz: Der Senat hat heute beraten, wie Bremen das Karlsruher Urteil zum Länderfinanzausgleich in bares Geld umwandeln kann...

Finanzsenator Volker Kröning: Was die uns zustehende Nachzahlung von 535 Millionen Mark angeht, werden wir unverzüglich mit dem Bund in Verhandlungen eintreten. Ich habe dafür Verbindung mit dem Bundesfinanzminister aufgenommen...

...der sich aber bisher gar nicht in der Pflicht sieht.

Nein, das sind erste Reaktionen des Pressesprechers, die ich nicht kommentieren will. Ich rede darüber mit Waigel direkt.

Wann?

Sobald sich eine Gelegenheit ergibt, einen Termin gibt es noch nicht.

Der Senat wird jetzt zunächst das Urteil der Bürgerschaft zustellen und dabei seine einvernehmliche Position mitteilen, daß die Nachzahlung unmittelbar der Verminderung der Kreditaufnahme dient.

Also kein Eingehen auf die Forderung des SPD-Landesvorsitzenden Isola, einen Teil des Geldes für soziale Maßnahmen zu verwenden?

Nein, das ist kein Thema mehr.

Bund und Länder haben sich in den letzten Tagen den schwarzen Peter, was die Nachzahlung an Bremen angeht, hin- und hergeschoben...

Das kümmert mich nicht. Unsere Position basiert auf der Karlsruher Entscheidung, die wir sehr gründlich gelesen und berechnet haben. Aber da muß man sich gar nicht öffentlich spreizen: Es ist klar, daß wir in so einer Notsituation auf alle angewiesen sind. Das Geben und Nehmen geht ja in einem Bundesstaat munter hin und her. Und es ist klar, daß der Bundesgesetzgeber 535 Millionen Mark nicht mal so eben aus dem Ärmel schütteln kann.

Rechnen Sie mit dem Geld noch in diesem Jahr?

Mit einer Entscheidung und einer ersten Teilsumme auf jeden Fall.

Und dann kommt die Sanierung der Bremer Finanzen. Karlsruhe hat dafür ein direktes Eingreifen des Bundes in die Bremer Landeshoheit vorgeschlagen. Schreckt Sie das?

Nein. Es ist doch klar, daß die inhaltliche Anlage und die langwierige Durchsetzung eines solchen Sanierungsprogramms, das wahrscheinlich eine der schwersten Perioden der Bremer Geschichte einleiten wird, erstmal dem betroffenen Land selbst obliegt. Das Gerede vom Tropf oder vom Staatskommissar durch die Hintertür ist unsinnig. Sanierung ist etwas anderes als Liquidation. Und die Karlsruher Entscheidung gibt uns ein Licht in dem langen Tunnel, der vor uns liegt.

Eine neue Debatte über Bremens Selbständigkeit halten Sie für überflüssig?

Ich sowieso. Das Gericht fordert, daß erst alle Lösungsalternativen durchgeprüft und erprobt werden und vermeidet geradezu eine Automatik in Richtung auf Länderneugliederungen. Und ich schätze die Mehrheitsverhältnisse in Bundestag und Bundesrat so ein, daß Bremen, wenn es sich sehr anstrengt, überhaupt nicht bedroht ist.

Wie soll das Sanierungsprogramm entstehen?

Erstmal geht es um Rahmenverhandlungen, für die wir eine Arbeitsgruppe zwischen Bremen und Bonn anstreben. Parallel dazu muß es Vorüberlegungen im engen Zusammenwirken des Finanzsenators mit dem Senatspräsidenten geben. Danach sind Senat, Bürgerschaft und Bevölkerung einzubeziehen. Die erforderlichen Anstrengungen und Opfer werden hoch legitimiert werden müssen.

Haben Sie dafür eine Zeitvorstellung?

Aufstellung und Fortsetzung des Sanierungskonzepts 92/93, und das Programm kann dann fünf bis zehn Jahre dauern. Ase