French Frauenpower

■ Graf und Sabatini im Halbfinale der French Open, Favoritenschreck Nicklas Kulti schreckt weiter

Paris (dpa/taz) — Bei den French Open in Paris ist dieses Jahr nur auf die Frauen Verlaß. Denn während bei den Männern der Großteil der Top-Favoriten vorzeitig den roten Sand verlassen hat, ist die Spitzengruppe bei den Frauen noch vollständig. Sowohl Steffi Graf als auch Gabriela Sabatini erreichten gestern das Halbfinale von Roland Garros. Doch leichte Spiele sind es nicht mehr: Beide mußten über drei Sätze gehen. Steffi Graf, die Nummer zwei der Weltrangliste, plagte sich gegen Natalia Zwerewa. Die beiden standen sich 1988 in Paris im Finale gegenüber, wo sich Zwerewa die bitterste Niederlage ihrer Laufbahn einhandelte: Steffi Graf schlug die 1,73 große Frau damals gnadenlos mit 6:0 und 6:0. Da war es kaum ein Trost, daß Zwerewa die erste Sowjetspielerin war, die seit 1974, als Olga Morosowa gegen Chris Evert verlor, das Finale des Pariser Grand-Slam-Turniers erreichte.

So war Zwerewa, die bereits zweimal das Doppel der French Open gewonnen hatte, diesmal grimmig entschlossen, mehr Gegenwehr zu bieten. Den ersten Satz gewann zwar die Brühlerin noch mit 6:3, doch dann drehte die 21jährige aus Minsk auf: Mit 7:6 (7:4) holte sich Zwerewa Satz Nummer zwei im Tiebreak. Im dritten jedoch riß sich Steffi Graf wie gewohnt zusammen, spielte konzentrierter und gewann den dritten und entscheidenden Durchgang mit 6:3.

Gabriela Sabatini, die Argentinierin mit dem erstaunlichen Fluntsch, fand nur am Anfang nicht in ihr Match. Verschlafen verschenkte sie den ersten Satz mit 3:6 an Conchita Martinez, entschloß sich aber dann, doch ins Halbfinale einziehen zu wollen. Mit 6:3 und 6:2 gewann die Argentinierin die folgenden beiden Sätze.

Bei den Männern kam Publikumsliebling Henri Leconte weiter. Er gewann gegen Marcelo Filippini (Uruguay) mit 6:3, 6:2, 6:4 und schoß sich durch die Herzen der Zuschauer direkt ins Viertelfinale. Auch Favoritenschreck Nicklas Kulti haut noch wild um sich: Er besiegte im Achtelfinale Diego Perez, der ebenfalls aus Uruguay stammt, mit 6:0, 3:6, 7:5, 6:4. Ebenfalls in der Runde der letzten Acht ist Andrej Tscherkassow (GUS), der gegen den landläufig unbekannten Cedric Pioline lediglich drei Sätze benötigte (6:3, 6:3, 7:6).

Carl-Uwe Steeb, der den wuchtigen, 200 Stundenkilometer schnellen Aufschlägen des Weltranglistendritten Pete Sampras im Achtelfinale wenig entgegenzusetzen hatte, zog dennoch ein zufriedenes Fazit: „Der hat unglaublich serviert. Da war für mich nichts drin“, kommentierte der Schwabe treffend. „Selbst wenn ich vorher ahnte, in welche Ecke der Aufschlag kommen würde, hatte ich keine Chance, an den Ball zu kommen“, staunte der Stuttgarter und gestand: „Das war erdrückend und hat mich völlig durcheinander gebracht.“

Symptomatisch für das Spiel verwandelte Sampras seinen ersten Matchball nach 1:38 Stunden mit seinem sechzehnten As und sagte anschließend: „Das war das beste Sandplatz-Spiel meines Lebens.“ Trotz des ernüchternden Abschieds verließ Steeb, der durch die Siege über Grant Connell (Kanada), Patrick McEnroe (USA) und Alexander Wolkow (GUS) 36.000 Dollar Preisgeld einnahm, Paris mit erhobenem Haupt. „Meine Bilanz ist absolut positiv, denn die Spiele, die ich gewinnen konnte, habe ich gewonnen.“

Der 24jährige wird auch in den nächsten Wochen weiter auf Sand bauen und zwischen den Turnier- Teilnahmen in Genua und Stuttgart-Weißenhof ohne jede Vorbereitung nach Wimbledon fahren.