Neue Beweise gegen Demjaniuk

Jerusalem (afp) — Am ersten Tag des Berufungsverfahrens des wegen Naziverbrechen zum Tod verurteilten John Demjaniuk hat der israelische Chefankläger am Montag in Jerusalem neue Beweisstücke vorgelegt. Diese Dokumente sollen nach den Worten von Staatsanwalt Michael Schaked beweisen, daß Demjaniuk als Gehilfe der SS in den Lagern von Sobibor, Flossenburg und Regensburg gedient hat.

Der heute 72jährige Demjaniuk war am 24. April 1988 in Jerusalem wegen Mittäterschaft an der Ermordung Hunderttausender von Juden im Vernichtungslager Treblinka verurteilt worden. Der Schuldspruch im ersten Verfahren beruhte darauf, daß das Gericht nach Zeugenaussagen überzeugt war, Demjaniuk sei mit „Iwan dem Schrecklichen“, einem der berüchtigten Mörder von Treblinka, identisch.

Auf den jetzt von der Staatsanwaltschaft präsentierten Dokumenten deutscher Herkunft wird Demjaniuk mit derselben Personalnummer geführt wie auf dem Hauptbeweisstück der Anklage, der „Akte Trawniki“. Dabei handelt es sich um eine Identitätsbescheinigung, die Demjaniuk 1942 in einem Ausbildungslager für ukrainische SS-Gehilfen in der Nähe Treblinkas ausgestellt worden war.

Demjaniuks Anwalt Joram Scheftel hingegen will im Berufungsverfahren beweisen, daß nicht Demjaniuk, sondern ein ehemaliger Wächter von Treblinka mit dem Namen Iwan Marschenko „Iwan der Schreckliche“ war. Dazu hatte Scheftel am 25. Februar dem Obersten Gerichtshof ein Foto Marschenkos vorgelegt. Dessen Spur hatte sich 1943 im italienischen Triest verloren. Scheftel legte dem Gericht außerdem eine neue Serie von Aussagen früherer ukrainischer SS-Gehilfen aus Treblinka vor, die in Archiven des ehemaligen sowjetischen Geheimdienstes KGB gefunden wurden. Darin wird laut Scheftel eine Beschreibung „Iwans des Schrecklichen“ gegeben, die in keinerlei Weise mit der Physis Demjaniuks übereinstimmt.

Für das Berufungsverfahren wurden vier Sitzungen in dieser Woche und drei in der nächsten angesetzt. Dann müssen die fünf Richter des Obersten Gerichts über das Schicksal Demjaniuks entscheiden. Für das Urteil ist ihnen keine Frist gesetzt. Demjaniuk war 1986 von den USA an Israel ausgeliefert worden. In den Gaskammern des Konzentrationslager von Treblinka wurden 1942 und 1943 insgesamt 800.000 Juden und Tausende von Sinti und Roma umgebracht.