Überfall auf greises Ehepaar

■ Schwerer Raub vor dem Landgericht: Opfer waren 3 Tage im Keller eingesperrt

Als der 94jährige Adolf H. gerade ins Bett gehen und die Alarmanlage einschalten wollte, passierte es: „Plötzlich kommt jemand aus dem Bad auf mich zugesprungen und hält mir den Mund zu, damit ich nicht schreien kann. Meine Frau und ich mußten uns auf das Bett legen; einer bewachte uns mit einer Pistole, während der andere das Wohnzimmer durchwühlte. Dann haben sie uns im Keller eingeschlossen. Nach drei Tagen hat uns meine Wirtschafterin entdeckt.“

Ganz ruhig und gefaßt erzählt der 94jährige vor der 6. Großen Strafkammer des Landgerichts von der Tortur, die er und seine 79jährige Ehefrau vom 3. bis zum 6. Januar diesen Jahres durchmachten. Durch ein auf Kippe stehendes Fenster waren die beiden wegen schweren Raubes Angeklagten, einer 21, einer 24 Jahre alt, in das Haus des alten Ehepaares am Rhododendron-Park eingedrungen. Sie hatten mit einer Schreckschußpistole gedroht und sie, nachdem sie Scheckkarten, Silbergegenstände, Schmuck und das Portemonnaie des alten Herrn mitgenommen hatten, in den Keller gesperrt, Freitag abend, gegen 23 Uhr.

Drei Tage lang waren die beiden Opfer eingesperrt: in einem fensterlosen Keller. Bis die Haushälterin sie fand.

„Ich habe ihnen gesagt, daß erst am Montag wieder jemand hierherkommen würde“, berichtete Adolf H.. Drei Tage lang waren die Überfallenen in dem zwei mal zwei Meter großen, fensterlosen Keller eingesperrt - ohne Wasser und Lebensmittel, ohne Toilette und Heizung, mitten im Winter. Am Montag morgen fand die Haushälterin die beiden — „völlig kaputt“.

Betreten zu Boden schauen die beiden Angeklagten während der Aussage des alten Mannes — „Wir entschuldigen uns bei Ihnen für das, was passiert ist“, sagen sie ihm später. Einen Entschuldigungsbrief der beiden hat der Richter nicht an den 94jährigen weitergeleitet: „Ich dachte, das würde Sie zu sehr aufregen.“

Nach der Tat packte die Täter die Reue: Sie beauftragten einen Freund, anonym bei der Polizei anzurufen, daß da „wer eingesperrt sei“. Doch der redet — in der Aufregung, wie er sagt —lediglich von einem Überfall.Als eine Streife das Haus überprüft, klingeln die Polizeibeamten an der Haustür. Niemand öffnet. Sie fahren weiter.

Später in derselben Nacht wird ein versuchter Einbruch in eine Apotheke gemeldet — die Polizei kann einen der Täter bei der Flucht gerade noch von einem Maschendrahtzaun pflücken — der andere ist bereits über alle Berge. Bei dem Festgenommenen wird ein besonderes Einbruchswerkzeug gefunden: „Da habe ich mir zuerst gar nichts bei gedacht“, sagte der Polizist gestern. Es ist dasselbe Werkzeug, mit dem in das Haus am Rhododendronpark eingebrochen wurde. Nachdem sie in der Wohnung des einen die Beute aus dem Überfall aufgeteilt hatten, waren die beiden noch einmal losgezogen. Der Kompagnon wurde wenige Tage später im Weserpark festgenommen.

Die beiden Angeklagten sind von Anfang an geständig — zur Sache werden sie allerdings erst am Freitag aussagen, wenn die Verhandlung fortgesetzt wird. Nach einer Zeugenaussage wurden sie aber von einem Dritten zur Tat angestiftet, der den Löwenanteil der Beute kassiert haben soll — er sitzt zur Zeit wegen dieser Sache in Untersuchungshaft, verweigerte gestern jegliche Aussage. Aber der Zeuge, der diesen Mann gestern so schwer belastete, behauptete, er werde von ihm bedroht: „Ich sollte bei der Vernehmung die Schnauze halten“, sagte er gestern aus.

Ob bei der Tat Alkohol oder andere Drogen im Spiel waren, ist noch unklar. Beide Angeklagte sind vorbestraft, einer hat zur Zeit noch Bewährung. Für schweren Raub gibt es eine Mindeststrafe von fünf Jahren. Und für Adolf H. ist klar: „Ich bin der Meinung, daß die das ganz professionell gemacht haben. Das war generalstabsmäßig geplant.“ skai