Lobby gegen Vertreibung

■ Kreuzberger Schülerläden wehren sich gegen Bedrohung durch hohe Mieten

Berlin. Eine politische Versammlung muß nicht unbedingt trocken und unerfreulich sein — schon gar nicht in Kreuzberg. So sah denn auch die Krisensitzung der Schülerläden »Kinder aus Kreuzberg e.V.«, die am vergangenen Montag in der Görlitzer Straße tagte, auf den ersten Blick wie ein fröhliches Frühstücks-Picknick aus. Dabei ist die Lage durchaus ernst: Einem der beiden interkulturellen Läden ist bereits vom Vermieter gekündigt worden; der zweite Laden befürchtete eine Nichtverlängerung des laufenden Mietvertrages gegen Jahresende.

Das Projekt, das seit zehn Jahren 36 schulpflichtige Kinder und Jugendliche insbesondere von Alleinerziehenden betreut, ist somit akut in seiner Existenz bedroht. Und Kinder aus Kreuzberg ist nicht das einzige Kinder-/Jugend-/Sozialprojekt im Bezirk, das von der Mietpreisentwicklung niedergewalzt zu werden droht; etliche andere ProjektvertreterInnen wußten von ähnlich bedrohlichen Situationen zu berichten.

Dieser fatalen Entwicklung will man nun, zusammen mit VertreterInnen der Bezirksverwaltung, gemeinsam entgegentreten. Baustadträtin Erika Romberg, die ebenfalls am Krisenfrühstückstisch Platz genommen hatte, versicherte, daß ihre Verwaltung, alles in ihrer Macht stehende tun werde, um allzu geldgierigen und rauswurffreudigen VermieterInnen so viele Steine wie möglich in den Weg zu legen. In vielen Fällen müsse man jedoch die Unterstützung der entsprechenden Senatsdienststellen einholen.

Die ProjektvertreterInnen beschlossen, diese und andere Aufgaben fortan gemeinsam in Angriff zu nehmen und sich nicht länger einzeln von den jeweiligen VermieterInnen aus dem Rennen um die Räume schicken zu lassen. Die Krisensitzung wurde so zur Wiege einer neuen Bürgerinitiative, die spontan den vorläufigen Namen »Wir lassen uns nicht vertreiben« bekam. Die ersten Vorschläge reichten von Lobbyarbeit bis zu Besetzungen.

»Viele von uns haben schließlich schon einige Erfahrung in politischer Arbeit«, sagte eine der AktivistInnen, »da wollen wir doch einmal sehen, ob wir der Spekulantenmafia nicht etwas entgegenzusetzen haben.«

Rainer Sauter vom »Verein SO36« e.V.« gab zudem seiner Hoffnung Ausdruck, daß sich auch Kreuzberger Gewerbetreibende dieser Initiative anschließen werden. »Schließlich«, so Sauter, »stecken wir doch alle in der gleichen Klemme. Es wird Zeit, daß die Leute merken, daß sie sich gegenseitig unterstützen müssen, wenn sie dem Verdrängungsprozeß etwas entgegensetzen wollen.« Sonja Schock