Zerreißprobe für KPI-Nachfolgepartei

Rom (taz) - Krach auf höchster Ebene in der „Partito democratico della sinistra“ (PDS), der größeren der beiden KP-Nachfolgeorganisationen Italiens: Parteipräsident Stefano Rodota ist von seinem Posten sowie von sämtlichen institutionellen Aufgaben — er war zuletzt Vizepräsident des Parlaments — zurückgetreten. Grund: die „unsägliche Art, wie die Partei in Zusammenarbeit mit anderen politischen Gruppen um des bloßen Machteintritts ihre eigenen Leute opfert“.

Nachdem der bisherige Parlamentsvorsteher Oscar Luigi Scalfaro, ein Christdemokrat, zum Staatspräsidenten gewählt wurde, war Rodota sein „natürlicher Nachfolger“, zumal die meisten anderen Parteien sich zur Wahl eines PDS- Kandidaten bereit gezeigt hatten. Doch dann ließ ihn seine eigene Partei nach zwei Wahlgängen — wo Zweidrittelmehrheit notwendig war — just in dem Augenblick fallen, wo absolute Mehrheit genügt hätte: die PDS beugte sich dem Diktat von Sozialisten und Christdemokraten, die einen PDS-Anwärter nur dann unterstützen wollten, wenn der vom äußersten rechten Flügel kommt. Die Ex-KPler, begierig danach, in dieser Legislaturperiode doch mal nach fünfundvierzig Jahren Demokratie in die Regierung zu kommen, knickten ein und opferten ihren eigenen Präsidenten zugunsten von Giorgio Napolitano, der nach einhelliger Meinung den neokonservativen Sozialisten näher steht als der eigenen Partei.

Mit Rodota geht eine der wenigen Figuren, die die traumatische Wende der alten KP zur neuen, laut Parteivorsitzendem Achille Ochetto „für alle fortschrittlichen und ökologischen Kräfte offenen“ Formation PDS mit einem Hauch von Attraktion versehen hatten: der auch bei Gegnern hochgeschätzte Jurist war zwei Legislaturperioden linksunabhängiger Abgeordneter gewesen und hatte sich, widerwillig aber solidarisch, für die neue Partei verpflichten lassen. Dort hatte er gute Arbeit geleistet, unter anderem war er der einzige ernstzunehmende Widerpart des wild um sich schlagenden Staatspräsidenten Cossiga gewesen. Seine Kandidatur für die Präsidentschaft des Abgeordnetenhauses hatten auch andere, zum Kampf gegen Korruption und Mißwirtschaft angetretene Parteien wie „La Rete“ oder die Liste Pannella unterstützt.

Die Abhalfterung Rodotas gilt vor allem als Sieg des neuen Fraktionsvorsitzenden Massimo d'Alema: der starke Mann der Partei hat sich damit einen lästigen Genossen vom Hals geschafft, der Taktieren haßt, nie in Skandale verwickelt war und für intellektuelle Lauterkeit wie kein zweiter stand. Für die beim Regierungseintritt notwendigen Mauscheleien und Absprachen wäre Rodota sicher ein Hindernis gewesen.

Möglicherweise war das aber auch eine Fehlkalkulation. In den PDS-Sektionen laufen waschkörbeweise Protesttelegramme ein, während die Konkurrenzorganisation Rifondazione comunista zahlreiche Neuzutritte verzeichnet. Werner Raith