Ungültige Stimmen für Perot

Bei den Vorwahlen in Kalifornien siegten Clinton und Bush/ Der Unabhängige Perot führend in Meinungsumfragen/ Zwei Frauen ziehen für die Demokraten in den männlich beherrschten Senat  ■ Aus Los Angeles Andrea Böhm

Es war, alles in allem, ein guter Tag für Bill Clinton — und für die „Pro Choice“-Bewegung in den USA. Ersterer gewann am Dienstag die demokratischen Vorwahlen in Ohio, Montana, New Jersey, New Mexico, Alabama und in Kalifornien. Dort hatte er bis zuletzt befürchten müssen, noch einmal von seinem Rivalen und Ex-Gouverneur von Kalifornien, Jerry Brown, düpiert zu werden. George Bush trug bei den Republikanern erwartungsgemäß einen klaren Sieg über seinen erzkonservativen Rivalen Pat Buchanan davon.

Für die BefürworterInnen der Abtreibungsfreiheit gaben die Vorwahlen in Kalifornien allen Anlaß zu Optimismus: Erstmals in der Geschichte der USA werden die Demokraten im Herbst zwei Frauen ins Rennen um die beiden kalifornischen Sitze im US-Senat schicken. Dianne Feinstein, Ex-Bürgermeisterin von San Francisco, sicherte sich erwartungsgemäß ihre Nominierung. Knapper und für viele überraschend gewann auch Barbara Boxer, bislang demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus, gegen ihren innerparteilichen Rivalen Gray Davis. Beide Frauen hatten im Wahlkampf immer wieder ihren Kampf für Abtreibungsfreiheit in den Vordergrund gestellt und immer wieder an die herrschenden Verhältnisse erinnert: unter den 100 Senatoren im US- Kongreß gibt es nur zwei Frauen. Das sei kein gutes Jahr, „um als Mann zu kandidieren“, räumte denn auch ein zerknirschter Davis ein.

Es war, wieder einmal, ein guter Tag für Ross Perot. Das der Mann in Kalifornien nicht zur Wahl stand, hinderte Tausende von Anhängern nicht daran, in der Wahlkabine seinen Namen einzutragen. Diese Stimmen wurden als ungültig aussortiert, müssen aber später noch einmal ausgewertet werden, da in Kalifornien auch die Bewerber für andere Ämter auf dem Wahlzettel standen. Die Bekanntgabe offizieller Wahlergebnisse verzögerte sich so um einen Tag. Seit der Milliardär aus Texas die politische Bühne betreten hat, haben die sogenannten „Was-wäre- wenn“-Umfragen Hochkonjunktur. So auch in Kalifornien: Wenn am Dienstag der Präsident der USA gewählt worden wäre, hätten laut Umfrage 38 Prozent der kalifornischen Wähler für Ross Perot gestimmt, 29 Prozent für Bill Clinton und nur 25 Prozent für George Bush. Kein gutes Zeichen für den Amtsinhaber, denn Kalifornien gilt seit 1964 als festes Pfund in der Hand der Republikaner.

Es war, alles in allem, ein schlechter Tag für jene, die unverdrossen auf die Macht des (Wahl-) Volkes hofften. Nur 45 Prozent der rund 13 Millionen registrierten Wähler, so die letzten Schätzungen, machten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Dabei ging es für die Kalifornier um sehr viel mehr als die Wahl der Präsidentschaftskandidaten. Im Vorwahlkampf befanden sich auch Bewerber für 50 Sitze im US-Repräsentantenhaus. Darüber hinaus mußten 20 Sitze im kalifornischen Senat neu besetzt, Staatsanwälte und diverse lokale Ämter neu gewählt sowie über mehrere Gesetzesvorschläge abgestimmt werden.

Die Debatte in Los Angeles war nach der Revolte vor allem durch das „Charter Amendment F“ bestimmt — eine Gesetzesvorlage, die dem Bürgermeister wieder mehr Macht über den Chef der Polizei verschafft: Dessen Amtszeit wird auf maximal zehn Jahre begrenzt. Bürgermeister und Stadtrat bestimmen in Zukunft über seine Einstellung oder Entlassung. Der Polizeichef selbst erhält mehr Spielraum, seine Beamten zu disziplinieren, Bürger mehr Spielraum, sich in öffentlichen Disziplinaranhörungen zu Wort zu melden. Letzte Hochrechnungen ergaben eine Mehrheit von 70 Prozent für „Amendment F“. Dies ist nicht nur eine klare Reaktion auf die zunehmende Polizeibrutalität, die im Fall des Schwarzen Rodney King schließlich zur Revolte von Los Angeles geführt hatte. Das „Los Angeles Police Department“, vor allem aber der noch bis Monatsende amtierende Chef Darryl Gates, sind ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, weil die Polizei während der ersten zwei Tage des Aufruhrs faktisch nicht präsent war. Darryl Gates, so dokumentierte vor wenigen Tagen eine ABC-Sendung, war in der ersten Nacht des Aufstandes seelenruhig zu einem Wahlkampfdinner entschwunden. Zweck des Abendessens: „Amendment F“ zu verhindern.