Referendum jetzt auch in Frankreich

■ Bedauern über dänische Entscheidung aber keine Bereitschaft zu Neuverhandlungen

Berlin (taz/afp/dpa/ap) — Katastrophenstimmung herrschte in den europäischen Hauptstädten nach Bekanntwerden der Nachricht aus Dänemark. Die schnellste und weitreichendste Konsequenz zog der französische Staatschef. Mitterrand verfügte, daß auch in Frankreich das Volk über die Maastrichter Verträge entscheiden soll. Eine Neuverhandlung der Verträge hielt er nicht für notwendig. Nach seiner Ansicht kann die EG „zu elft verwirklichen, was zu zwölft nicht möglich ist“.

„Konsequent und unbeirrt“, solle die Europäische Union verwirklicht werden, bekräftigte Mitterrand in seiner gemeinsam mit Bundeskanzler Kohl verfaßten Erklärung. Gegen „Nachverhandlungen“ sprach sich auch die Regierung Belgiens aus. In Großbritannien unterbrach das Unterhaus seine Beratungen über die Maastrichter Verträge. In Irland, wo am 18.Juni eine Volksabstimmung zu Maastricht ansteht, will die Regierung an dem Termin festhalten.

Katzenjammer herrschte in den drei nördlichen skandinavischen Hauptstädten. In Helsinki und Oslo haben die Regierungen starkes Interesse an einer EG-Mitgliedschaft ihrer Länder, Stockholm hat bereits einen Beitrittsantrag gestellt. In ihren Ländern haben sich bereits starke Anti-EG-Bewegungen formiert, für die das dänische Votum eine beachtliche Rückenstärkung bedeutet. Der schwedische Regierungschef Bildt sprach von einer „dramatischen Entscheidung“, Finnlands Regierungschef Abo will „die Sorgen“ der DänInnen ernst nehmen. In Oslo erklärte Gunnar Berge, Sprecher der regierenden SozialdemokratInnen, trotzig: „Wir wollen unser Gesuch trotzdem einreichen.“

Die heterogen zusammengesetzte Internationale der EG-GegnerInnen jubilierte. Die rechtsradikalen deutschen „Republikaner“ gratulierten den DänInnen. Thatcher lobte den „großen Dienst der Demokratie gegenüber der Bürokratie“. In der Schweiz, deren Regierung ihr Beitrittsgesuch vergangene Woche in Brüssel abgab, freuten sich die Grünen über das Signal aus Kopenhagen.

Für heute ist am Rande der Nato- Konferenz in Oslo eine Krisensitzung der EG-Außenminister angesetzt, auf der weitere Schritte beraten werden sollen. dora/azu