PRO REFERENDUM
: Die DänInnen als Vorreiter

■ Plädoyer für EG-weite Maastricht-Referenden

Dänemarks Nein blockiert den Zug zur Europäischen Währungsunion. Es ist ein Nein zu den Beschlüssen von Maastricht und kein Nein zur Einheit Europas — auch wenn die Politiker der anderen EG-Länder das gerne so interpretieren. Dazu haben sie übrigens gegensätzliche Gründe: Großbritannien würde ein Nein zu Europa begrüßen, Frankreich beschwört die Gefahren. Dabei zeigt Dänemark beispielhaft, in welchen Fällen eine Volksabstimmung in Form eines Referendums sinnvoll ist.

Die DänInnen haben sich mit ihrem Nein gegen eine parlamentarisch kaum kontrollierte EG-Bürokratie gewandt. Sie weigerten sich, Entscheidungskompetenz an die Herren Kohl, Major und Mitterrand abzugeben. Sie haben sich auch gegen jenen nicht zu Ende gedachten Weg zur Währungseinheit gewandt, der im weiteren nur noch von den Nationalregierungen der zwölf hätte gestaltet werden können — in jenem seltsamen Gebilde Ministerrat, das hinter verschlossenen Türen als Entscheidung immer den allerkleinsten Nenner dessen zu produzieren pflegt, auf den sich die Exponenten nationaler Egoismen aktuell verständigen können. Das Nein der dänischen BürgerInnen ist somit vor allem ein Ja zu den essentiellen demokratischen Prinzipien Gewaltenteilung und Subsidiarität. Im Vorfeld des Referendums hat es eine öffentliche und sehr differenzierte Diskussion über Maastricht gegeben, die der in anderen Zusammenhängen so gerne beklagten Politikmüdigkeit entgegenwirkte, wie sich an der hohen Beteiligung am Referendum zeigte.

Genau deshalb sollte in den übrigen EG-Ländern, auch in der Bundesrepublik, über Maastricht abgestimmt werden. Selbstverständlich nicht am nächsten Sonntag, sondern nach einem Diskussionsprozeß. Wer außerhalb Dänemarks weiß denn heute, was in den Maastricht-Beschlüssen tatsächlich steht? Selbst die ARD mit ihrem gesetzlichen Bildungsauftrag schaffte es, einen ganzen Fernsehabend lang über Dänemarks Volksabstimmung zu berichten, ohne irgendwo die Inhalte von Maastricht zu erwähnen.

Das Institut des Referendums macht immer dann Sinn, wenn die Souveränitätsrechte eines Volkes berührt sind. Es macht selbstverständlich keinen Sinn, Menschen- oder Minderheitenrechte zur Volksabstimmung zu stellen, die als Grundrechte dem Votum von wechselnden Mehrheiten entzogen bleiben müssen. Es geht hier also nicht um die blinde Übernahme des Schweizer Demokratiemodells, das Abstimmungen der Mehrheit über die Rechte von Schwulen und Lesben zuläßt. Als Vorbild für die EG können aber durchaus die Referenden in der Schweiz über den Beitritt zur UNO, zum IWF und — demnächst — zur Europäischen Gemeinschaft gelten. Ebenso sollten die Ostdeutschen ihre neuen Landesverfassungen annehmen oder ablehnen können.

Gerade der Schwarzweißkontrast des Ja oder Nein schützt das Institut Referendum gegen den Mißbrauch durch Demagogen. So haben die DänInnen keinesfalls die Einheit EG- Europas verhindert, sondern lediglich den vorgeschlagenen Weg dorthin abgelehnt.

Auch wenn es mühsam ist: die Politiker werden erneut über Maastricht beraten müssen. Bundeskanzler Kohl hat es bekanntlich mit Vereinigungen gelegentlich eilig. Seine Überzeugung, daß die Europäische Währungsunion ein Sachzwang sei, muß man nicht teilen. Donata Riedel