Gaza: Sperrung „bis auf weiteres“

Tel Aviv (taz) — Seit zwölf Tagen ist es jetzt den Bewohnern des von Israel besetzten Gaza-Streifens untersagt, ihre Region zu verlassen. 70.000 palästinensische Arbeiter sind damit von ihren Arbeitsplätzen ausgesperrt. Die israelische Regierung verhängte diese „bis auf weiteres“ gültige Maßnahme, nachdem ein aus Gaza stammender Palästinenser eine Israelin in Bat Jam, südlich von Tel Aviv, erstochen hatte. In anschließenden Auseinandersetzungen wurden mehrere palästinensische Arbeiter von Israelis gelyncht. Die Blockade gegen die 800.000 palästinensischen Bewohner des Gaza-Streifens soll erst aufgehoben werden, wenn die Polizeibehörden davon überzeugt sind, daß sich die „Gemüter beruhigt haben“.

Innerhalb der israelischen Behörden herrscht Uneinigkeit. Viele glauben, daß eine Verlängerung der Kollektivstrafe gegen die Palästinenser im Gaza-Streifen neue Gefahren mit sich bringt. Mit dem „inneren Druck“ wachse auch der Widerstand gegen die israelische Militärverwaltung in den besetzten Gebieten. Außerdem fürchtet man zunehmenden internationalen Druck. UN-Generalsekretär Ghali hat Israel aufgefordert, die Einhaltung der vierten Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten zu gewährleisten.

Die UN-Flüchtlingsorganisation UNRWA hat gegen das Ausgehverbot und die Sperrung protestiert. Jüdische Siedler hätten laut UNRWA auch ein Lebensmittellager der Organisation in Deir El-Ballah angegriffen. Dabei wurden zahlreiche Lebensmittel vernichtet.

Faisal Husseini und andere Mitglieder der palästinensischen Delegation bei den Nahost-Friedensverhandlungen haben ebenfalls die Sperrung und die bevorstehende Deportation von elf Palästinensern aus dem Gaza-Streifen verurteilt. In den Protest reihte sich aus ganz anderen Gründen der Verband der israelischen Baufirmen ein. Die Firmen, weitgehend von palästinensischen Arbeitskräften abhängig, könnten ihre Verträge nicht mehr erfüllen.

Die israelische Menschenrechtsorganisation „Betsellem“ veröffentlichte am selben Tag einen dreiseitigen Bericht zum Thema „verdeckt operierende Sonder-Einheiten“ der israelischen Armee. Während des viereinhalb Jahre andauernden Aufstandes seien 90 Palästinenser von als Araber verkleideten israelischen Soldaten erschossen worden. Der Bericht spricht von einer Atmosphäre, die Todesschüsse fördere. 50 Prozent der zwischen Januar und April dieses Jahres erschossenen mutmaßlichen Aufständischen seien nicht bewaffnet gewesen. A.W.