Knüppeleinsatz in Mannheim

Mannheim (ap/taz) — In der Mannheimer Innenstadt sind am Samstag nach massivem Polizeieinsatz sieben Personen, darunter zwei Polizisten, verletzt und 142 vorläufig festgenommen worden. Wie die Mannheimer Polizei mitteilte, hatte sich eine Demonstration trotz Verbots mit 400 Teilnehmern der autonomen Szene formiert, die aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren. Anlaß für die Demonstration, zu der bundesweit aufgerufen worden war, waren befürchtete Übergriffe von Skinheads auf ein Flüchtlingswohnheim im Mannheimer Stadtteil Schönau.

Die Demonstration sollte ursprünglich in Schönau stattfinden, war aber vom Ordnungsamt und in zweiter Instanz vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim untersagt worden. Laut Polizeibericht dirigierten die Veranstalter anreisende KundgebungsteilnehmerInnen daraufhin in die Innenstadt. Die dortige Demonstration wurde gewaltsam aufgelöst, nachdem Farbschmierereien und eingeschlagene Scheiben gemeldet worden waren. Etwa 100 Personen wurden verhaftet.

Wie die Veranstalter berichteten, sei die Polizei gegen die „friedliche“ Demonstration „mit äußerster Brutalität“ vorgegangen. Die aus mehreren Bundesländern zusammengezogenen Polzeihundertschaften hätten unter Einsatz von Pferde- und Hundestaffeln die TeilnehmerInnen zusammengeprügelt. Mehrere Teilnehmerinnen, aber auch PassantInnen seien von Polizeiknüppeln und Hundebissen verletzt worden. Die Polizei zählte ihrerseits mehrere Schlagstöcke, Reizgassprüher, Messer und Nietengürtel als beschlagnahmte Waffen auf und berichtete, die Demonstranten seien von einem Lastwagen aus mit Stangen als Waffen versorgt worden. Nach Angaben der VeranstalterInnen kam es dagegen von seiten der DemonstrantInnen zu keinerlei Provokation oder Gewalttaten.

Einige KundgebungsteilnehmerInnen flüchteten vor dem Knüppeleinsatz in das Mannheimer Jugendzentrum (JUZ). Wie MitarbeiterInnen des JUZ mitteilten, habe die Polizei daraufhin am Samstag abend die verschlossene Eingangstür des Jugendzentrums mit einem Rammbock aufgebrochen. Ein herbeigerufener Notarzt und ein Rechtsanwalt hätten keinen Einlaß erhalten. Nach etwa einer Stunde habe die Polizei damit begonnen, die BesucherInnen, darunter auch mehrere minderjährige Jugendliche, ohne Begründung zu verhaften und abzutransportieren. Die insgesamt etwa vierzig Verhafteten seien teilweise in Ludwigshafen erkennungsdienstlich behandelt worden. Die Polizei stürmte das Jugendzentrum mit der Begründung, DemonstrationsteilnehmerInnen hätten sich wiederholt dorthin zurückgezogen, um sich neu zu formieren.

Anlaß zu der bundesweiten Demonstration gab in Mannheim-Schönau eine seit dem „Vatertag“ anhaltende Pogromstimmung gegen ein Flüchtlingsheim. Am Vatertag selbst hatten sich etwa 400 Nachbarn vor dem Flüchtlingsheim versammelt, um mit Parolen wie „Asylanten raus“ gegen die Flüchtlinge in ihrem Stadtteil zu Felde zu ziehen. „Auf der Schönau haben die Bürger in den letzten Tagen ein Straßenfest abgehalten“, beschrieb ein Mannheimer Jugendlicher das Szenario. Ein massives Polizeiaufgebot und Einheiten des Sondereinsatzkommandos konnten bisher faschistische Ausschreitungen gegen das Flüchtlingsheim verhindern. Seit etwa drei Tagen sei der Stadtteil Schönau nach Angaben eines Beobachters sozusagen polizeilich abgeriegelt. Die Stimmung richte sich nach wie vor gegen das Flüchtlingsheim. flo