KOMMENTAR
: Planen statt Regieren

■ Bü 90/Grüne sollen Baustadträte in der City stellen

Berliner Politik ging offenbar zu oft über die Köpfe der Berliner BürgerInnen hinweg — die Quittung haben die Senatsparteien bei den Bezirkswahlen erhalten. Lange genug wurden die Wunden geleckt, nun geht es daran, den Kuchen — sprich, die Posten der Bezirksstadträte — zu verteilen. Nachdem der Vorschlag, die Große Koalition in die Bezirke hinein weiterzuführen, vom Tisch ist, stehen genug Möglichkeiten offen.

Gerade in den nächsten Jahren werden die städtebaulichen Pflöcke in der Innenstadt eingeschlagen: In Kreuzberg, Tiergarten und Mitte, aber auch in Charlottenburg, Schöneberg, Friedrichshain und Prenzlauer Berg sind die großen Dienstleistungszentren geplant, dort wird sich die Regierung ansiedeln, dort liegen die Olympiastandorte, und dort drohen auch Umstrukturierungsprozesse. Vor allem dort ist es wichtig, daß Bürger frühzeitig informiert und in Planungsverfahren einbezogen werden — nur so haben sie die Möglichkeit, sich gegen Verdrängungsprozesse zu wehren. Wenn die AL und Bündnis 90 es ernst meinen mit ihrer Parteinahme gegen die Umstrukturierung der Innenstadt, müssen sie eher das Amt des Baustadtrates als das des Bürgermeisters für sich fordern, in dessen Zuständigkeit Planung und Bürgerbeteiligung fallen. Auch falls das nur mit den Stimmen der PDS geht, tut dies der Glaubwürdigkeit keinen Abbruch — schließlich wurde schon mal ein AL-Baustadtrat mit Hilfe der CDU gewählt.

Aber auch SPD-Baustadträte, vornehmlich in Tiergarten, Charlottenburg und Schöneberg, haben sich in der abgelaufenen Legislaturperiode bemüht, die Baupolitik für Bürger transparent zu machen und die Bezirksinteressen auch gegen die Senatoren der eigenen Partei zu vertreten. Wenn die SPD in diesen Bezirken das Amt der CDU überläßt, treibt sie noch mehr Leute in die Politikverdrossenheit, die sie doch so beklagt. Eva Schweitzer

Siehe auch Bericht auf Seite 24