BRANDANSCHLAG AUF ZWEI KRIPO-BEAMTE UND IHRE FAMILIEN

Feuerteufel in Bremerhaven

Bremen (taz) — Herbert der Säger ist out. In Bremerhaven treibt ein Unbekannter seit März sein Unwesen, der dem Schienen-Attentäter spätestens seit dem Pfingstwochenende den Rang abläuft. Der Unbekannte, der die Polizei mit mehrfachen Giftanschlägen beschäftigte, hat sich jetzt aufs Zündeln verlegt: Samstag nacht brannten die Wohnhäuser von zwei Kriminalbeamten, die in der Sonderkommission gegen den Giftattentäter ermitteln. Sachschaden: mindestens 650.000 Mark.

Die Fahnder Martin H. (31) und Herbert J. (42) hatten im Fernsehen öffentlich den Sachstand der Ermittlungen gegen den Giftausleger preisgegeben. So konnte der Täter ausbaldowern, wer in der Sonderkommission arbeitet und wo die beiden Beamten wohnen. Martin H. erwachte Samstag nacht um 3 Uhr 26 von einem „Knistern im Haus“. Da stand die Garage samt Auto schon in Flammen, kurz darauf auch das Wohnhaus. Martin H. rettete Frau und Kind, das Haus wurde zerstört.

Eine halbe Stunde später klingelte es bei Herbert J. im Leherheider Brombeerweg Sturm. Draußen stand der Nachbar. „Du, dein Haus brennt.“ Zufällig hatte er die Flammen bemerkt. Auch hier brannte erst die Garage, dann das Haus: nach ersten Erkenntnissen der Polizei eindeutig Brandstiftung. Unter den Fahrzeugen wurden Stoffreste gefunden, die als Brandbeschleuniger hergerichtet waren. Schon um 1.15 Uhr hatte in der Hermann-Ehlers- Straße in Leherheide ein Wagen gebrannt. Mehrfach sind in der Vergangenheit auf die gleiche Weise wie bei den Kripo-Männern Autos samt Garage in Flammen aufgegangen.

Auch beim Giftauslegen war der Unbekannte am Wochenende wieder aktiv. Am Samstag vormittag wurden in einem Straßengully in der Hermann-Ehlers-Straße in Bremerhaven wieder stark riechende Partikel entdeckt, bei denen es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die als Schädlingsbekämpfungsmittel verwendeten Degesch-Platten handelt. In dieser Straße war auch der erste Giftanschlag ausgeübt worden, in dessen Folge 22 Menschen zur ärztlichen Untersuchung ins Krankenhaus eingeliefert werden mußten. Bei dem in den Platten verwendeten Gift handelt es sich um Phosphorwasserstoff, der in Reaktion mit Wasser vergast. Obwohl für den Vertrieb dieses Mittels strenge Auflagen gelten, konnte bislang nicht festgestellt werden, wo das Gift herkommt.

Der Unbekannte hatte mit dem Auslegen der Giftplatten außerdem am 9. April schon das Polizeihaus IV in Bremerhaven kontaminiert, indem er Bruchstücke reihum das Haus legte. Am 2. Juni hatte er an gleicher Stelle mit Gifttabletten der gleichen Zusammensetzung für Alarm gesorgt.

Die Polizei sucht im Zusammenhang mit den beiden Brandanschlägen nach einem „Zeugen“, der in beiden Fällen als Fahrer eines roten Opel Kadetts (oder ähnliches Modell) gesehen worden ist. Lutz G. Wetzel