: Der rosarote Spanier
■ Indurain will als erster Spanier den Giro gewinnen
Sondrio/Italien (dpa) — Sechs Tage trennen den 27jährigen Miguel Indurain beim 75. Giro d'Italia von einem Jahrhundertsieg. Der weiterhin komfortable Vorsprung von 2:14 und 3:06 Minuten auf seine beiden italienischen Hauptkonkurrenten Claudio Chiappucci und Franco Vona lassen den ersten Erfolg eines Spaniers bei der seit 1909 gefahrenen Italien-Rundfahrt immer wahrscheinlicher werden. Der Tour-de-France-Gewinner des Vorjahres, seit dem dritten Giro- Tag Träger des Rosa Trikots, konterte auf der Königsetappe und den folgenden Tagesabschnitten am Sonntag und Montag alle Angriffe seiner ärgsten Widersacher auf rasenden Berg- und Talfahrten souverän. Zweite Plätze durch Jose- Manuel Fuente (1972) und Francesco Galdos (1975) waren aus spanischer Sicht bisher die besten Plazierungen. Zum Abschluß des anstrengenden Pfingstwochenendes hielt Indurain, auf den steilen Serpentinen der Dolomiten in strömendem Regen meist auf sich allein gestellt, die Konkurrenz wirkungsvoll in Schach. Die Etappenerfolge des Italieners Giorgio Furlan am Samstag (4:25 Minuten Vorsprung), des Franzosen Francois Simon am Sonntag (7:04) und des Italieners Marco Saligari am Montag (51 Sekunden) taten ihm in Hinblick auf die Endabrechnung nicht weh. Uwe Ampler (Leipzig), der weiter vergeblich auf seinen sehnsüchtig erhofften Etappensieg warten muß, verlor am Montag mehrere Minuten und rangiert als bester Deutscher im Gesamtklassement weiter auf einem Rang unter den besten 15. Der hochdotierte dreifache Friedensfahrt-Gewinner und Amateur-Weltmeister von 1986 hat Erklärungen für sein bisher eher mäßiges Abschneiden parat, die wie Ausreden klingen: „Das Höhentraining in St. Moritz unmittelbar vor dem Giro war wohl doch zu kurzfristig, und das schlechte Wetter in den Dolomiten hat mich blockiert.“ In die dritte und wahrscheinlich seine Zukunft entscheidende Saison als Radprofi hat Uwe Ampler viel investiert. Nach zwei mageren Jahren mit nur zwei relativ spektakulären Teilerfolgen bei Paris-Nizza und der Tour de Suisse trainierte der 27jährige Anfang 1992 in der Höhenluft Mexikos, um sich für jene Taten zu rüsten, die von dem Leipziger mit dem Manager-Gehalt im einzigen deutschen Rennstall „Telekom“ erwartet wurden. Vor dem Beginn der Italien-Rundfahrt zog es den dreimaligen Gewinner der Friedensfahrt wieder in die Höhe: Im noblen St. Moritz wollte sich Ampler den letzten Schliff für den Giro holen, in dem er fünf Tage vor dem Finale in Mailand — gemessen auch an seinen Ansprüchen — der namhaften Konkurrenz auf dem 13. Gesamtrang nur hinterherradelt. Der abrupte Wechsel auf Meereshöhe wirkte sich fatal aus: Nur 23. im 8-km-Einzelzeitfahren zum Giro- Auftakt in Genua, sogar nur 31. mit 3:32 Minuten Rückstand drei Tage später in der über 38 km führenden Prüfung gegen die Uhr von Sansepolcro. Den besten Eindruck hinterließ Ampler bei der Bergankunft am Terminillo, als er bei 28 Grad Wärme zwar 6 km vor dem Ziel den Kontakt mit den Besten verlor, trotzdem aber nur eine Minute auf sie einbüßte. In den Dolomiten hatten Kälte und Regen Bremswirkung: „Beine hart wie Holz, ich kam kaum mehr vom Fleck.“ Um Erklärungen dafür, warum es bei dem Amateur-Weltmeister von 1986 im Profilager im Gegensatz zu seinen früheren Mitstreitern in der DDR, Olaf Ludwig (Gera) und selbst Uwe Raab (Leipzig), immer noch nicht recht läuft, ist Ampler selten verlegen. Noch hofft Ampler auf eine Steigerung: „Auf jeden Fall will ich eine gute Leistung im Einzelzeitfahren am Schlußtag zeigen. Einzelzeitfahren bildeten doch immer meine Spezialität.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen