Dasa: Auftrieb mit Fokker-Fliegern?

Nach dem Absturz des Jägers 90 will die gefräßige Daimler-Luftfahrttochter Hollands Flugzeugbauer schlucken/ Unstimmigkeiten zwischen Dasa und Fokker sollen in Verhandlungen ausgeräumt werden  ■ Von Erwin Single

Berlin (taz) — In den letzten Tagen hatten die Ghostwriter von Jürgen Schrempp viel zu tun. Nach heftigen Reaktionen aus dem Nachbarland Holland war es an ihnen, dem Chef der Deutschen Aerospace (Dasa) mit sorgfältig abgestimmten Worten zu einem freundlichen Verhandlungsklima zu verhelfen. Dessen Ansinnen, die unternehmerische Führung des niederländischen Flugzeugherstellers Fokker NV zu übernehmen, hatte die Fokker-Geschäftsleitung, Betriebsrat, Gewerkschaften, Regierung und sogar das Parlament aufgebracht: Ein Ausverkauf an die deutsche Dasa, so der einmütige Tenor, komme unter keinen Umständen in Frage. Kein leichter Stand für den ehrgeizigen Schrempp, der gestern nach Amsterdam reiste.

Grund der Erregung war die Ankündigung des Dasa-Vorsitzenden in der vergangenen Woche, sich mit 51 Prozent bei Fokker einkaufen und die Verträge noch im Sommer unterzeichnen zu wollen. Fokker-Chef Eric Nederkorn reagierte prompt: Mit dem Daimler-Luft- und Raumfahrtkonzern sei bereits im März vereinbart worden, daß Fokker das führende Unternehmen bei Entwicklung, Produktion und Verkauf von Flugzeugen bleibe. In einem Eilbrief an die Belegschaft drohte Nederkorn, sich wieder nach anderen Partnern umzusehen. Schützenhilfe erhielt der Fokker-Vorstand von der niederländischen Regierung, die 32 Prozent der Anteile hält. Auf keinen Fall werde man dulden, daß der 3,4-Milliarden-Mark-Konzern zu einer Monatagefabrik verkomme.

Doch klare Worte sind auch die Sache des Dasa-Chefs Jürgen Schrempp. Und der ist nach wie vor fest entschlossen, sich die Systemführung bei der Entwicklung eines neuen Regionalflugzeuges für 60 bis 130 Passagiere zu sichern. Der Regionalverkehr gehört nach Prognosen weit in das nächste Jahrtausend hinein zu den expansivsten Sparten. Schnelle, komfortable Klein-Jets, so wollen Dasa-Marktstrategen herausgefunden haben, werden sich dann gewinnträchtig verkaufen lassen. 2.400 Stück sollen es bis ins Jahr 2010 sein, so die internen Studien zu dem neuen „Euroliner“. Und die Dasa, das weiß Jürgen Schrempp am besten, braucht nach sinkenden Auftragseingängen im Rüstungs- und Raumfahrtbereich und der Jäger-90- Pleite dringend neue, lukrative Geschäftsfelder. Selbst das Luftfahrtkonzept scheint nicht aufzugehen: Der Airbus wird nach wie vor subventioniert, und die kleinen Dornier- Fliegen wohl nie in den Profit-Bereich aufsteigen.

Was liegt also dem gefräßigen Daimler-Imperium näher, als jenes Unternehmen zu schlucken, das mit der Fokker F-100 bereits einen solchen Passagierjet erfolgreich verkauft? Bereits vor einem Jahr waren Kooperationsverhandlungen zwischen der Dasa und Fokker auf Eis gelegt worden. Bei Fokker glaubte man, weiter allein an Geld und neue Projekte zu kommen. In der Dasa dagegen wuchs die Erkenntnis, daß ein Regio-Flieger ohne Technologie- Allianz und kräftige staatliche Förderung nicht zu realisieren sei. Doch auf das großzügige Dasa-Angebot, sich mit jeweils 25 Prozent an einem gemeinsamen „Regioplane“-Konsortium zu beteiligen, reagierten der französische Techno-Riese Aerospatiale und die italienische Alenia zurückhaltend. Dort dürften wohl eher die Boeing-Prognosen die Runde gemacht haben: Beim weltgrößten Flugzeughersteller werden Regionalflugzeugen nämlich wenig Chancen eingeräumt.