GASTKOMMENTARE
: Marktmieten per Gesetz

■ Der Osten ist mit den neuen Mietsteigerungen auf dem Weg in die soziale Katastrophe

Mit den neuesten Vorschlägen zu weiteren Mietsteigerungen in den neuen Ländern und Ost-Berlin hat das FDP-geführte Bauministerium erneut klargemacht, welcher Klientel es sich zugehörig fühlt. Nutznießer der drastischen Steigerungen sind die Vermieter, die angeblich keine Möglichkeit zur Finanzierung von Investitionen in den Wohnungen und Häusern haben. Bis zu 2,80 DM pro Quadratmehter mehr bedeuten für Tausende von Mieterhaushalten einen weiteren sozialen Abstieg. Des Kanzlers Worte von der Bindung an die Einkommensentwicklung sind der blanke Hohn. Warmmieten von 11 bis 12 DM pro Quadratmeter in den Plattenbauten übertreffen damit vielfach bereits die Mieten im sozialen Wohnungsbau des Westens. Krampfhaft wird in den Kommunen versucht, die Großsiedlung im Plattenbau für eine langfristige Vermietbarkeit zu sichern, öffentliche Mittel werden bereitgestellt. Die Mietpreispolitik für diese Wohnungen aber macht einen Strich durch solche Bemühungen.

Wer eigentlich soll diese Mieten bei hoher Arbeitslosigkeit und insgesamt niedrigen Einkommen noch bezahlen, wenn kein Wohngeldausgleich erfolgt? Ostkomfort zu Westpreisen? In Berlin und den Kommunen an der Grenze zu den Altländern wird ein weiterer Wanderungsdruck nach Westen erzeugt. Schon heute würden viele lieber im Märkischen Viertel wohnen als im Ostberliner Neubaugebiet Hellersdorf. Es scheint, als ob sich die Bonner Regierungskoalition für einen höchst problematischen Weg entschieden hat. Nach dem Motto: Im Osten ist sowieso momentan kein Blumentopf mehr zu gewinnen, also kann man die Politik einfach gleich am Westen orientieren.

Es fragt sich aber, ob die BürgerInnen im Osten auch diese Kröte einfach schlucken oder ihren Frust in entsprechenden Aktionen umsetzen. Die Bundesregierung treibt mit ihrer neuen Mieterhöhungswelle die MieterInnen geradezu in die Arme der PDS, die bereits in den Startlöchern steht, aber auch kein vernünftiges Mietkonzept hat. Bei ihren Protesten, auch wenn sie sich über Mieterorganisationen artikulieren, bleiben die Ost- MieterInnen allein. Unterstützung aus dem Westen wird es nicht geben. Erst wenn die Mieten auf das Spitzenniveau von München oder Hamburg geklettert sind, wenn die Obdachlosenzahlen die von Berlin oder Frankfurt übersteigen, erst dann, so ist zu befürchten, wird es wohl eine geeinte MieterInnenbewegung in Ost und West geben. Reiner Wild

Berliner Mieterverein e.V.