Dorfrichter Dieter Heckelmann

■ Die Karriere des Innensenators und Schertz-Chefs ist skandalumwittert/ Schmutzige Tricks gegen Konkurrenten um FU-Präsidentschaft/ AusländerInnen als Leidtragende seiner Amtsführung

Berlin. Der Polizeipräsident ist keineswegs das erste Opfer der Intrigen des Dieter Heckelmann. Ausdrücklich zieht Georg Schertz in seinem Rücktritts-Brief die Parallele zu Vorgängen »auffälliger Ähnlichkeit an der Freien Universität« und bezieht sich dabei auf einen taz-Bericht vom 24. Januar 1991.

Darin wurde die Vergangenheit des 54jährigen Professors für Bürgerliches Recht aufgerollt und berichtet, wie ausgerechnet ein Rechtsexperte mit Tricks jenseits von Legitimität und Moral operierte, um als Präsident der FU gewählt zu werden. Anfang 1983 nämlich erschien in der 'Deutschen Universitätszeitung‘ ('DUZ‘) unter dem Pseudonym Reinhard Wagner ein Hetzpamphlet gegen den »linken Polit-Sumpf« um den damaligen linksliberalen Uni- Präsidenten Eberhard Lämmert.

Verfaßt hatte es, das kam jedoch erst vier Jahre später heraus, niemand anders als Dieter Heckelmann selbst in Zusammenarbeit mit dem damaligen FU-Pressesprecher Johannes Schlooz. So viel Bösartigkeit traute Präsident Lämmert seinem Konkurrenten um den Leitungsposten der FU nicht zu. Aber er hatte Pressesprecher Schlooz als Autor in Verdacht und wollte ihn suspendieren. Im Juni 1987 gab der Pressesprecher im Wissenschaftsausschuß des Abgeordnetenhauses zu Protokoll, wie Heckelmann ihn in jener Zeit unter Druck setzte: »Er, Prof. H., beruhigte mich mit den Worten, es werde mir ‘nichts passieren‚.« In Vertretung des Präsidenten habe er das Verfahren der Ermittlung des Autors an sich gezogen. »Herr H. und ich haben mehrfach die Dinge vorbesprochen und einmal — in seiner Wohnung — ein Rollenspiel geprobt, um sicherzustellen, daß der ebenfalls ermittelnde Kanzler von Herrn H.s 'DUZ‘-Engagement ‘nichts merkt‚... Wir sprachen fast täglich, manchmal mehrfach am Tage, über die Situation. Herr H. sorgte sich sehr über die von ihm geführten Ermittlungen. Einmal sagte er: ‘Herr Schlooz, wir müssen zusammenstehen. Wenn das herauskommt, kann ich einen Strick nehmen.‚«

Er nahm sich den Strick — der Hängeleiter nach oben. Nachdem er wenig später erwartungsgemäß mitteilte, der anonyme Verfasser könne nicht ermittelt werden, wurde er 1983 als FU-Präsident gewählt. 1987 ließ er sich, allerdings mit dem denkbar knappsten Ergebnis, wiederwählen, nachdem er selbst die entscheidene Stimme für seine Nominierung abgegeben hatte. Das konservative Lager war letztlich stärker gewesen, obwohl Heckelmanns konspiratives Betrugsmanöver zwischenzeitlich enttarnt worden war und Mitglieder des Akademischen Senats sich an den »Dorfrichter Adam« erinnert fühlten, der in Kleists Zerbrochenem Krug ebenfalls Ermittlungen gegen sich selbst führt.

Heckelmann nutzte im Jahre 1989 seine neue Präsidentschaft zum Einsatz polizeilicher Sonderkommandos der berüchtigen und mittlerweile aufgelösten EbLT gegen streikende StudentInnen und zur Kündigung des— unbequem gewordenen? — Mitautors und Mitwissers Schlooz. Doch das Arbeitsgericht bescheinigte dem Rechtsexperten unzureichende Rechtskenntnis und setzte den Geschaßten wieder auf seinen Arbeitsplatz.

Im Januar 1991 zum Innensenator gekürt, präsentierte der Jurist erneut Beispiele seines labilen Rechtsverständnisses. Frau und Herr Heckelmann, Bezieher eines fünfstelligen Senatorengehaltes und Besitzer eines Hauses in der Moabiter Beusselstraße, beglückten einen Mieter mit einer rechtlich nicht zulässigen, weil überzogenen Mieterhöhung inklusive fehlerhafter Betriebskostenabrechnung.

Auch als Autor, diesmal aber von Reden unter eigenem Namen, machte Dieter Heckelmann wieder auf sich aufmerksam. Im April 1991 empfing er die per neuer Visafreiheit einreisenden polnischen Touristen mit Hinweisen auf ihre »unerträglichen Straftaten, Verschmutzungen und Belästigungen«. Überhaupt sind die AusländerInnen in der »Weltstadt Berlin« diejenigen, die unter der Regentschaft Heckelmanns am meisten leiden. Noch nie, auch unter anderen CDU-Innensenatoren nicht, habe die Ausländerbehörde derart mitleidlos und massenhaft mit Abschiebungen operiert, beklagen AnwältInnen und FlüchtlingsbetreuerInnen. Ute Scheub