Schertz sucht Machtprobe mit dem Innensenator

■ Polizeipräsident fordert Heckelmanns Kopf/ Streit zwischen CDU und SPD: SPD sieht keinen Grund, Schertz abzuwählen/ CDU: Schertz »untragbar«

Berlin. Überraschend hat Polizeipräsident Georg Schertz gestern sein Abwahlbegehren in eine offene Kampfansage an CDU-Innensenator Dieter Heckelmann verwandelt. »Ich würde mein Amt gern weitermachen, aber nicht unter diesem Senator«, erklärte Schertz. Heckelmann habe »offensichtlich« von Anfang an das Ziel verfolgt, ihn, Schertz, zu »demontieren«. Auch für die innere Sicherheit mache der Innensenator mit »populistischen« Aktionen nur »das Falsche« (siehe auch Bericht auf Seite 22).

Die Kampfansage des Polizeipräsidenten löste gestern prompt Streit zwischen CDU und SPD aus. Hintergrund: Um Schertz abzuwählen, muß der Senat einen Abwahlantrag beschließen, der dann im Abgeordnetenhaus eine Mehrheit finden muß. Bislang haben nur FDP und CDU erklärt, daß sie einer Abwahl zustimmen werden. Die SPD will nicht versprechen, daß sie mit ihrem Koalitionspartner CDU stimmen und Schertz abwählen werde. In der SPD ging man bereits davon aus, daß das Abgeordnetenhaus am kommenden Donnerstag noch nicht über die Abwahl entscheiden wird.

Der Innensenator selbst sah gestern »gar keinen Anlaß«, sich Fehler vorzuwerfen. Nachdem Schertz mit seinem Abwahlbegehren einen gewissen »Motivationsverlust« gezeigt habe, sei seine Abwahl die beste Lösung, erklärte Heckelmann gegenüber der taz.

Während sich die CDU gestern »uneingeschränkt« hinter den Innensenator stellte, erklärte SPD-Fraktionschef Ditmar Staffelt an Heckelmanns Adresse, es sei klar, »wer hier die politische Verantwortung trägt«. Staffelt sagte, er könne für eine Abwahl des Polizeipräsidenten »eigentlich keinen sichtbaren Grund erkennen«. Wie sich die SPD verhalten werde, könne sie erst nach der heutigen Sitzung des Innenausschusses entscheiden, in der Heckelmann zu den Vorwürfen des Polizeipräsidenten Stellung beziehen soll.

Im Gegensatz dazu attackierte CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky den Polizeipräsidenten mit scharfen Worten. Schertz sei als Polizeipräsident »überhaupt nicht mehr tragbar«, erklärte Landowsky der taz. Er müsse »umgehend« abgewählt werden. Die Vorwürfe gegen Heckelmann zeugten von »Selbstgefälligkeit und verletzter Eitelkeit« und von dem »Versuch, in eine Märtyrerrolle zu kommen«. »Wo kommen wir hin«, so Landowsky, »wenn sich ein Polizeipräsident seinen Innensenator aussucht?«

Am gestrigen späten Nachmittag war Schertz zu einem als »inoffiziell« deklarierten Gespräch beim Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU). Ergebnisse wurden nicht mitgeteilt. Die Nachfolge von Schertz, sollte er wirklich abgewählt werden, blieb unterdessen offen. CDU-Fraktionschef Landowsky plädierte für eine bundesweite Ausschreibung. Erst nach der parlamentarischen Sommerpause sollte das Abgeordnetenhaus dann den Schertz-Nachfolger wählen.

Der Chef der Senatskanzlei, Volker Kähne, steht nach eigenen Angaben als Polizeipräsident nicht zur Verfügung. Ein weiterer potentieller Nachfolger, Polizeivizepräsident Dieter Schenk, hätte als Sozialdemokrat zwar die Unterstützung seiner Partei, ist jedoch seit seinen Zeiten als Ermittler in der Antes-Affäre ein rotes Tuch für die CDU. In der CDU wurden stattdessen Innenstaatssekretär Armin Jäger und der Schöneberger Sozialstadtrat Rüdiger Jakesch (beide CDU) gehandelt. Jakesch war bereits vor fünf Jahren als Polizeichef im Gespräch. Damals war es jedoch Georg Schertz, der das Rennen dann machte. hmt/dr