Das freundliche Gesicht des Kriegs

Paul Virilio und der Golfkrieg  ■ Von Michael Wetzel

Der erste Jahrestag des Beginns des „Golfkriegs“ war willkommener Anlaß, noch einmal Bilanz zu ziehen. Und erneut zeigte sich der ganze paradoxe Charakter dieses zweifellos einschneidenden historischen Ereignisses: seineUnentscheidbarkeit. Während es auf der einen Seite nur Gewinner zu geben scheint, d.h. diesseits und jenseits der neu markierten Grenze von Kuwait nur von Siegen die Rede ist und die alten Machtverhältnisse triumphieren, bleibt auf der anderen Seite der ökonomischen und ökologischen Folgen der Kämpfe nur ein globaler Verlust zu konstatieren. Zu den eindeutigen Kriegsgewinnlern zählen — neben der Rüstungsindustrie — diesmal aber auch Medientheoretiker und zweifellos Paul Virilio in erster Linie. Seit über zehn Jahren hat er sich in seinen Arbeiten über Krieg und Kino, über das Verschwinden der Welt im Zustand seiner Beschleunigung, über die Ersetzung des Sehens durch Maschinen und die Nivellierung räumlicher und zeitlicher Differenzen immer wieder auf die wesenhafte Verflechtung von Medien- und Militärtechnologie hingewiesen. Seine Prognose, daß die durch visuelle Maschinen realisierte Logistik der Wahrnehmung der Raumzeitlichkeit moderner bzw. postmoderner Waffensysteme entspreche, hat sich nun bestätigt: Der Golfkrieg war — darüber herrscht Einstimmigkeit — der erste totale elektronische Krieg, der in Echtzeit-Geschwindigkeit geführt und an der „vierten Front“, der neben Erde, Wasser und Luft tretenden orbitalen Front satellitengestützter Kommunikationssysteme entschieden wurde. Die Schlüsse, die Virilio in seinem jüngsten tagebuchartigen Kommentar zu den Ereignissen des Golfkrieges (P.Virilio: L'écran du désert — Chroniques de guerre, Paris 1991) aus diesem Zuwachs an Echtheit (real time) für seine Prognosen zieht, sind aber keineswegs von einem Gefühl der Zufriedenheit bestimmt, sondern laufen eher auf die traumatische Gewißheit hinaus, daß das apokalyptische Ende näher denn je ist. Als faszinierter Zuschauer, der gebannt vor dem von CNN gekabelten Bildschirm sitzt, weiß er nichr mehr, ob das gesehene Bild nicht direkt per Videokamera von der Rakete übertragen wird, die im Anflug auf ihn ist und die, wie in Pynchons Gravity's Rainbow, immer einschlägt bevor sie wahrgenommen wird.

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Heidegger zufolge ist Angst eine Grundbefindlichkeit des Daseins, die in den Tod vorwegläuft, um Lebensmöglichkeiten zu entwerfen. Im Zeitalter elektronischer Datendirektübertragung wird daraus die zynische Einsicht, daß man den Krieg immer zu früh, die Waffen des Feindes aber zu spät sieht. Der Heroismus existentialer Zeitlichkeit geht an dem zugrunde, was Virilio als „Tyrannei der Echtzeit“ demaskiert. Der entscheidende Schritt — über den Rubikon zwischen „desert shield“ und „desert storm“ hinweg — hat deutlich gemacht, daß das weltpolitische Gleichgewicht einer auf Abschreckung beruhenden Ordnung außer Kraft gesetzt ist. Die relative Geschwindigkeit des Transportes und des Einsatzes der Waffen ist der absoluten Geschwindigkeit telekommunikativer Überwachung und Steuerung des Kampfes gewichen. Während taktische Kriege von der defensiven Macht befestigter Plätze ausgingen und strategische Kriege auf die Mobilität der destruktiven Kräfte setzten, hat der logistische Krieg jede Raumorientierung hinter sich gelassen. Nicht mehr die physische Schlagkraft entscheidet, sondern allein die Verfügung über Informationen bzw. die Geschwindigkeit ihrer Verarbeitung und Übertragung. Nach der polaren und der dualen Auseinandersetzung des territorialen Kampfes dominiert jetzt der digitale Blitzkrieg um die Berechenbarkeit von Daten: die Schlacht der integrierten Schaltkreise.

Für den Irak bedeutete dies im konkreten Falle, daß er angesichts der Aufklärungsüberlegenheit der Alliierten, d.h. der verschwindend geringen Zeit zwischen feindlicher Detektion und Reaktion, den größten Teil seiner Waffensysteme gar nicht erst zum Einsatz bringen konnte. Die von unsichtbaren Satellitenkameras aufgenommenen und durch unspürbare Wellen und Strahlen gesendeten Bilder sind die überlegenere Munition des elektronischen Krieges. Insofern sieht Virilio in der militärischen Logistik der Wahrnehmung nur einen Spezialfall der totalen Kontrolle durch „Sehmaschinen“ in der postindustriellen teletopischen „Metacity“. Der Massenkrieg ist der teleaktive Unfall, durch den zugleich jene theologischen Qualitäten entfesselt werden, die der globalen Vernetzung des medialen Informationssystems innewohnen: die Ubiquität, Instantaneität, Unmittelbarkeit, Allsicht und Allgegenwärtigkeit des quasigöttlichen Kameraauges.

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Das erste Opfer des postmodernen Krieges ist nicht nur die Wahrheit, sondern noch das Nachdenken über Wahrheit. Die entscheidende Konsequenz des vom CNN-Boß Ted Turner veranstalteten „Echtzeit- Theaters“ der permanenten Live- Schaltung liegt für Virilio nämlich darin, die für Reflexion unerläßliche Bedenkzeit der imperativen Notwendigkeit von Aktualität und Nähe zu opfern. Die Möglichkeit einer aufschiebenden Distanzierung, wie sie in der verzögerten und wiederholten Sendung gegeben ist, erlischt im Brennpunkt der monochronistischen Präsenz von Direktübertragungen. Der Zuschauer ist am Bildschirm zwar wie im Fußballstadion mit dabei und kann seinen sensationsgierigen Erlebnishunger voyeuristisch stillen, eine Überprüfung der aufgenommenen Fakten fällt aber durch den Aktualitätschoc des televisionären Ernstfalls aus. Virilio spricht hier auch von einem Zeit-Filter, der die temporalen Dimensionen der Vergangenheit und der Zukunft im imaginären, atopischen Fokus einer flüchtigen Gegenwart einschmilzt, einer Mutation der Zeit zur „Dauer ohne Dauer“. Die Fakten lösen sich in der Unmittelbarkeit der elektromagnetischen Präsenz gleichsam auf, werden ununterscheidbar von Fiktionen, so wie die Videobilder der aktuellen Kampfeinsätze identisch sind mit den virtuellen Realitäten der „wargames“-Simulationen.

Die Hauptaufgabe der elektronischen Echtzeit-Kriegsberichterstattung besteht für Virilio in einer „Kontamination“ des Bewußtseins — im doppelten Sinne einer entzeitlichenden Verdichtung von Repräsentation und Präsentation und einer endzeitlichen Verseuchung durch die Kernfusion von taktischen und informellen Bildern. Diese Konfusion zwischen dem Fernsehbildschirm, der die Öffentlichkeit informieren soll, und dem Monitor, der die Waffe lenkt, wird bewußt intendiert, denn in dem Maße, wie das direkt übertragene öffentliche Bild die Illusion einer Anteilnahme am Geschehen erweckt, wird die Differenzierung einer Erfahrungsöffentlichkeit monopolistisch verunmöglicht. Der einzelne Zuschauer ist in der Isolierung seiner Tele-Existenz immobilisiert bzw. durch die visuelle Droge paralysiert. Der Krieg der Bilder wird simultan an der Feind- und an der Heimatfront geführt: Das kontaminierte Auge des parallel geschalteten Zuschauers ist geblendet durch die Explosion des gegen den Feind gerichteten Geschosses, dessen Opfer es selbst wird.

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Virilios Reflexionen zum Golfkrieg — und als solche verstehen sie sich ausdrücklich, gegen das immer wieder beschworene Telespektakel von CNN — tragen eine weitere Illusion zu Grabe: die immer wieder an die neuen Medien geknüpfte Überzeugung einer Demokratisierung von Information. Anders als im Vietnam- Krieg, der gleichsam an den zwei inkongruenten Fronten der staatlichen Strategie und der öffentlichen Berichterstattung geführt wurde, zeichnete sich der Krieg gegen den Irak durch eine Simultanisierung der Informationspolitik aus, der zwangsläufig die Freiheit der Medien zum Opfer fiel. Den offiziellen Statements bzw. Live-Übertragungen von General Schwarzkopf war buchstäblich nichts mehr hinzuzufügen. In diesem generellen black out des zivilen Datenflusses erkennt Virilio jedoch kein bloßes Zensurproblem: Die Dissimulation von Fakten ist selbst Teil der visuellen Logistik an vorderster Front. Im Zeitalter der totalen Sichtbarkeit durch maschinelle Überwachsungssysteme einer ubiquitären Spurensicherung gibt es nichts mehr zu sehen, bzw. kommt strategisch alles darauf an, daß noch die virtuelle Repräsentation eines synthetischen Bildes zum Verschwinden gebracht wird, daß die Abschirmung total ist.

Inbegriff dieser neuen Strategie der „Verstohlenheit“ ist der neue Bombertyp F117. Seine Fähigkeit, das feindliche Radarsystem zu täuschen, überwiegt bei weitem sein Zerstörungspotential und sogar seine Mobilität. Er erfüllt den alten Traum, spurlos zu sein, ohne Bild und vor allem ohne Reflex im Spiegel des anderen. Die technische Realisierung dieser Ästhetik des Verschwindens bedient sich dabei des Prinzips der Information selbst. Die alte Kriegskunst der Fallen, Listen und Täuschungen wird darin auf den Kulminationspunkt gebracht, daß Informationen nicht verschleiert oder verweigert werden, sondern ein Übermaß von Informationen die Entscheischeidung zwischen aktueller Präsentation und virtueller Repräsentation — weniger täuscht als vielmehr enttäuscht, d.h. durch „deception“ konfus macht. Im Chaos der Wahrscheinlichkeit wird alles möglich und ist nichts mehr wahr. In der Nacht des elektronischen Absoluten sind alle Geschosse grau und die Lügen selbst medientechnische Wirklichkeit.

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Das Verschwinden der Dinge hinter ihren Bildproduktionen und -simulationen suggeriert einen Appell an die perzeptive Kapazität des Auges. Und doch wird keinem Organ der Wahrnehmung im postmodernen Krieg so übel mitgespielt wie diesem. „Seinen Augen nicht mehr trauen“, lautet folglich der kategorische Imperativ von Virilios Analysen. Denn gerade die okulare Optik, die in der klassischen und strategischen Kriegsführung eine so überragende Rolle gespielt hat, stößt in der kommunikationstechnischen Logistik an ihre Grenzen: dasVisieren, Grundfunktion der kriegerischen Aggression, hat sich im elektronisch armierten „Sehen ohne Blick“ verdoppelt bzw. in einer Weise an die Detektions- und Transmissionsmechanismen von Seh-Maschinen entäußert, daß das menschliche Auge, geblendet von den spektralen Gepenstern der flimmernden Bilschirme, nur noch mit Hilfe der fernbedienten Video- Prothesen den Blick aufzuschlagen vermag.

Was im heutigen Krieg entscheidet, ist das indirekte Visieren durch das mediale Kameraauge, dessen Wahrnehmungsfeld durch elektromagnetische Wellen und damit Lichtgeschwindigkeit aufgebaut wird. Im Cockpit der neuen Kampfbomber wird folglich das direkte Peilen des Piloten durch den gesenkten Blick auf den Monitor verdoppelt, auf dem die in Echtzeit erfolgende Auswertung der Beobachtungsdaten durch das bordeigene Video- und Kamerasystem erscheint. Angesichts der Fülle und der Geschwindigkeit des Datenflusses liegt alle Entscheidungskraft in den Händen der elektronischen Informationsverarbeitung, die auch allein auf die Verdoppelung des feindlichen Objekts als reale Präsenz und als virtuelle Repräsentanz eines simulativen, elektromagnetischen Trugbildes reagieren kann. In der teletopischen Verdoppelung bzw. Verkoppelung von aktivem Frontgeschehen und rezeptiver Television sieht Virilio dann nur eine dritte Entsprechung der Ersetzung unmittelbarer Wahrnehmung durch telematisch geschaltete Videobilder. Der Schlüssel zur hyperrealen Wirklichkeit liegt in den Händen einer hypermedialen, künstlichen Intelligenz von Maschinen, denen sich die perzeptive Konfiguration des Jetzt verdankt. C3I, Command, Communication, Controle, plusIntelligence, lautet die entsprechende Formel des Pentagon, die ganz auf die Schlagkraft vollcomputerisierter Berechnung und Entscheidung setzt. So wie der Kampfpilot seine Maschine und deren Waffenarsenal nicht mehr mit Augenmaß lenken kann, sondern nur noch die automatisierten Steuerungsprozesse der „very high speed integrated circuits“ am Monitor kontrolliert, bleibt auch und gerade die Kriegsführung auf oberster Ebene der Silizium-Intelligenz von Microchips vorbehalten. Und das letzte Wort spricht nicht ein souverän über den Ausnahmezustand gebietender Feldherr, sondern eine Satellitenbilder auswertende „doomsday-machine“.

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Bleibt die Frage, welche Funktion angesichts der „sauberen“ Informationskriege virtueller Bilder und simulierter Schlachten die „schmutzige“ Thermodynamik des Pulverdampfes, der Rauchsäulen und der sichtbaren und unsichtbaren Leichenberge hat. Es gibt viele Erklärungsansätze, von der machtpolitischen Konfrontation zwischen Nord und Süd bis zur ökonomischen Notwendigkeit einer Leerung der Waffenarsenale. Virilio versucht auch hier, eine Antwort im Gesamtrahmen kybernetischer Funktionalität zu geben: Wenn es eine „message“ dieses Medien-Krieges gibt, so besteht sie nicht in der Information über die realen Kämpfe, sondern in der Werbung für die Virtualität zukünftger Kriege.

Es mag zynisch klingen, aber auch ein elektronischer Krieg braucht sein Experimentierfeld, seine Testphase unter anderen als Laborbedingungen. Die logistische Verkoppelung bzw. Verkabelung des Front- mit dem Heimatbildschirm läßt dies zugleich zu einer simultan und weltweit miterlebten Werbeshow für neue Medientechnologie werden, die alle politischen und ökonomischen Aspekte überwiegt. Ganz abgesehen einmal vom Nutzen für den zivilen Anwendungsbereich — Friedrich Kittler hat in seinen Arbeiten die lange Tradition der Steuerung ziviler Technologie durch militärische aufgearbeitet (F.Kittler: Grammophon — Film — Typewriter, Berlin 1985) — ist hier vor allem an die Demonstration von Präzisionstechnologie zu denken, die gleichsam eine Miniaturisierung des Weltkrieges auf bestimmte Kampfzonen erlaubt. Virilio erinnert in diesem Zusammenhang an die vielgebrauchte chirurgische Metaphorik, deren Bildlichkeit der „sauberen Schnitte“ selbst die alte Abschreckungslogik einer Verhinderung des Einsatzes von Atomwaffen außer Kraft zu setzen drohte. Räumliche Reduzierung und zeitliche Intensivierung lassen diesen „promotion“-Feldzug zugleich zu einem für die Machbarkeit von Kriegen werden. Virilio spielt in dieser Hinsicht mit dem Doppelsinn von „promotion“, was nicht nur Werbung, Angebot, sondern auch Beförderung, Herbeiführung bedeutet. Gleichermaßen versteht sich die gesendete „Bildkapazität“ nicht allein im technischen Sinne als „high definition“, sondern auch im Sprachgebrauch der Werbe-Clips als Fähigkeit des Bildmaterials, die emotionale Reaktionsbereitschaft der Zuschauer zu treffen.

Am Ende des Coppola-Films Apocalypse now spricht Marlon Brando davon, daß das Grauen ein Gesicht habe und daß es darauf ankomme, dieses Gesicht zum Freund zu gewinnen: Die von CNN gesendeten Bilder haben das freundliche Gesicht des Krieges gezeigt.

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Virilios chroniques de guerre unterscheiden sich von seinen früheren Analysen der technologischen Revolutionen: Sie beziehen stärker denn je eine moralische Gegenposition. Während er bislang der Gegenwart schonungslos die katastrophale Diagnose einer Furie des Verschwindens von Körper, Zeit und Raum gestellt hatte, ohne einen Ausweg aus dem sich beschleunigenden Desaster aufzuzeigen, fordert Virilio seit dem Golfkrieg zu Widerstand gegen den Echtzeit-Terror und die monochronischen Nachtrichtenfilter der Live- Shows auf. Was er fordert, ist eine Ökologie der Medien, die gegen die Fusion und Konfusiuon realer Wirklickeit und simulierter Bildlichkeit, aktueller Präsentation und virtueller Repräsentation antritt, die den fatalen Götzendienst der Beschleunigung, der Schwerelosigkeit aufkündigt.

Bei der Formuilierung eines entsprechenden Programms zur Reinigung der informationell verschmutzten bzw. kontaminierten Nachrichtenkanäle fällt der bekennende Katholik Virilio aber gern wieder in den apokalyptischen Ton zurück, den man aus früheren Texten kennt. Der totale elektronische Krieg mit seiner Überschwemmung des Bewußtseins durch die Trugbilder des virtuellen Cyberspace, seiner Paralysierung der Menschen im Zeichen absoluter Geschwindigkeit, dem teletopischen und teleaktiven Versinken in Bedeutungslosigkeit und Gleichgültigkeit, stellt nachgerade die perfekte „Programmierung der Apokalypse“ dar. Neben dem urbanen Katastrophenszenario einer „Libanisierung“ der Metropolen, vergißt Virilio auch nicht der Auflösung aller nationalen Grenzen und der daraus erwachsenden Verwüstungen durch die einbrechenden „Horden“ zu gedenken. Nur daß die apokalyptischen Reiter der Jetztzeit auf den Wellen der Licht- und Laserstrahlen reiten, deren blendende Überintensität alles ins Dunkel tauchen.

Rhetorisch schöpft Virilio all seine Kräfte aus, kalte Medientechnik mitmanichäischen und gnostischen Motiven zu liieren — ohne die Anspielungen auf den ägyptischen Totenkult zu vergessen. Selbst zahlenmystische Spekulationen werden technologisch begründet, wie die Geschichtskehre des palindromischen Jahres 1991 durch das Count Down der kinematographisch umgekehrten Zeitlektüre. Mit der telematischen Auslöschung der Zeit sieht Virilio die millenarische Rückkehr zu Null nahen, bzw. kann er frei nach Nestroy sagen: „Kurzum, oben und unten sieht man, es geht rein auf'n Untergang los.“

Angstlust und Regression sind die beiden Werte der virilioschen double bind, das einerseits gnostisch die Lösung der sieben Siegel als Erlösung vom Schein nicht schnell genug haben kann, andererseits aber, mit dem von Virilio so geschätzten Bonhoeffer gesprochen, alle Unmittelbarkeit als Trug weiß. Die Mittelbarkeit, die sich Virilio als Gegensatz hierzu wünscht, ist das Heilsgeschehen Jesu Christi: Sein Reich aber ist nicht von dieser Welt.

„Und die sieben Engel mit den sieben Posaunen hatten sich gerüstet zu posaunen. Und der erste der Engel posaunete; und es ward ein Hagel und Feuer, mit Blut gemenget, und fiel auf die Erde; und das dritte Teil der Bäume verbrannte, und alles grüne Gras verbrannte.“

„Und der andere Engel posaunete; und es fuhr wie ein großer Berg mit Feuer brennend ins Meer; und das dritte Teil des Meeres ward Blut.“

„Und der dritte Engel posaunete; und es fiel ein großer Stern vom Himmel, der brannte wie eine Fackel, und fiel auf das dritte Teil der Wasserströme und über die Wasserbrunnen.“

„Und der vierte Engel posaunete; und es ward geschlagen das dritte Teil der Sonne und das dritte Teil des Mondes und das dritte Teil der Sterne, daß ihr drittes Teil verfinstert ward, und der Tag das dritte Teil nicht schien, und die Nacht desselbigengleichen.“

„Und der fünfte Engel posaunete; und ich sah einen Stern, gefallen vom Himmel auf die Erde, und ihm ward der Schlüssel zum Brunnen des Abgrunds gegeben.“

„Und der sechste Engel posaunete; und ich hörte eine Stimme aus den vier Ecken des güldenen Altars vor Gott, die sprach zu dem sechsten Engel, der die Posaune hatte: Löse die vier Engel, die gebunden sind an dem großen Wasserstrom Euphrat.“

„Und ich sah einen anderen starken Engel vom Himmel herabkommen; der war mit einer Wolke bekleidet, und ein Regenbogen auf seinem Haupt, und sein Antlitz wie die Sonne, und seine Füße wie Feuerpfeiler; Und er hatte in seiner Hand ein Büchlein aufgetan, und er setzte seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde, und er schrie mit großer Stimme, wie ein Löwe brüllet; und da er schrie, redeten sieben Donner ihre Stimmen.“