Die Gussen kommen!

■ Berti Vogts versucht, sein Team per Gute-Laune-Plan auf die Optimistencrew aus der GUS einzustellen

Bundestrainer Berti Vogts wird zum Giftzwerg. Schluß mit lustig, beschloß der als Terrier bekannte Teamchef, und verdarb mit Hektik und Streß die herrliche Sommeridylle des DFB-Quartier in Atvidaberg. „Hier macht sich eine Stimmung breit, als wäre die GUS- Mannschaft nur Fallobst. Diese Überheblichkeit ist sehr gefährlich“, mahnte Vogts am Mittwoch angesichts des ersten Europameisterschaftsspiels der Deutschen Mannschaft am Freitag abend in Norrköping.

Eigentlich ist alles getan: Die Konditionsarbeit ist abgeschlossen, kein Akteur ist verletzt, und die Stammelf für die erste EM- Partie steht mit einem offensiven Mittelfeld mit den Dribbelkünstlern Thomas Doll und Thomas Häßler. „Die Mannschaft ist auf dem Stand, den ich haben möchte“, meinte Vogts.

Dennoch hat der Zweckpessimist immer noch Bedenken. Der 45jährige befürchtete nach dem Training im nur 17.000 Zuschauer fassenden Norrköpinger Idrottspark, daß in der Mini-Arena keine Atmosphäre entsteht und sich dies negativ auf die Stimmungs- und Motivationslage seines Teams auswirkt. „In ihren Vereinen treten die Spieler vor 60.000 auf, und bei der WM 1990 in Italien haben wir in Mailand vor 80.000 gespielt. Das ist das Problem. Wir sind in diesem Punkt verwöhnt. Nun müssen wir selbst für Stimmung sorgen.“

Flugs erarbeitete der Vogts einen Stimmungsplan: Vor der Partie müßten sich „Schweiger und Spaßvögel zusammentun“. Wenn das Spiel beginnt, wären Kapitän Rudi Völler und Andreas Brehme als „Wortführer gefordert“. „Mit den beiden und dazu Effenberg, Kohler, Illgner haben wir schon einige, die für Stimmung sorgen können.“ Torwart Bodo Illgner übernahm die Funktion des „Einpeitschers“: „Wir haben bei dieser EM zunächst nur drei Spiele. Deswegen müssen sofort zwei Punkte her.“

Die Gussen sehen dies naturgemäß völlig anders: Sie planen eine Heldentat. Neun Spieler sind der felsenfesten Überzeugung, ihre Mannschaft wird Europameister. Mittelfeldmotor Alexej Michailitschenko, die Seele des GUS-Teams und Spielmacher bei den Glasgow Rangers: „Es ist möglich, den Weltmeister zu bezwingen.“ Igor Schalimow, der neue Star der GUS-Elf, gibt sich vollmundig: „Wir haben keine Angst vor den Deutschen. Zwar sind sie Weltmeister, aber das liegt immerhin schon zwei Jahre zurück. Wir stehen aber längst nicht unter solchem Erfolgsdruck wie das Team aus Deutschland.“

Woher nur kommt dieser unbedingte Siegeswille der Gussen? Zum einen hat der GUS-Verband für den Titelgewinn jedem Spieler angeblich 40.000 bis 50.000 Dollar Belohnung versprochen; eine existentielle Summe für jene Spieler, die nicht im Ausland spielen. Zudem gibt es kaum einen besseren Marktplatz als die EM: Nicht wenige Spieler hoffen auf Entdeckung und hochdotierte Verträge. Eine Motivation, die keinesfalls unterschätzt werden darf! Berti, Vorsicht, die Gussen kommen! miß