Politisches Geschäft

■ Wieviel Geld Minister und Manager verdienen

Ob man ein Einkommen als hoch oder niedrig bewertet, ist letztlich eine Frage des Vergleichs. Als Maßstab nehmen PolitikerInnen derzeit gerne die Spitzengehälter, die in der Industrie gezahlt werden. Vergleichen also auch wir Äpfel (die sogenannten Markt-Gehälter der Industrie) mit Birnen (den qua Verfassungsgerichtsurteil von 1975 „angemessenen Alimentationen“ der Berufspolitiker).

Bundeskanzler Helmut Kohl verdient ungefähr soviel wie ein durchschnittliches Vorstandsmitglied eines Unternehmens mit mehr als 1.000 Beschäftigten: ein Jahresgehalt von 362.556 Mark. Die 19 BundesministerInnen kommen im Jahr auf je 324.852 Mark, was dem Gehalt einer DurchschnittsgeschäftsführerIn einer GmbH mit 500 Beschäftigten entspricht. Auf Länderebene ist die Entlohnung des Regierungspersonals höchst unterschiedlich geregelt: So verdient der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe weniger als 120.000 Mark im Jahr; sein Kollege Johannes Rau aus Nordrhein-Westfalen kassiert aus vergleichbarer Tätigkeit 318.000 Mark. Ein Mitglied des Bundestages (MdB) verfügt mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 121.536 Mark über ein Abteilungsleitergehalt.

Das öffentliche Mißtrauen richtet sich weniger gegen diese Gehälter als gegen die zusätzlichen steuerfreien Aufwandsentschädigungen (immerhin 5.765 Mark im Monat), die auch jene Parlamentarier weiter einstreichen, die in Regierungen aufrücken. Wofür sie dieses Geld letztlich ausgeben, wird nicht kontrolliert.

Selbst Bundeskanzler Kohl, der kaum Zeit finden dürfte, seinen Wahlkreis zu pflegen, kassiert zusätzlich steuerfreie 51.876 Mark Aufwandsentschädigung im Jahr. Und weil auch das Kanzleramt unvermeidbare Ausgaben mit sich bringt, gibt's einen weiteren steuerfreien Aufschlag von 24.000 Mark.

Wer 40 Jahre in die Rentenversicherung einzahlen muß, um mit 65 Jahren knapp über dem Sozialhilfeniveau zu leben, dürfte auch schwer Verständnis dafür aufbringen, daß Bundeskanzler, Ministerinnen und parlamentarische Staatssekretäre als 55jährige und bereits nach zwei Jahren Tätigkeit Ruhegehälter beziehen.

Neben berufsbezogenen Einkünften verhilft ein Bundestagsmandat häufig zu Nebeneinkünften, zum Beispiel aus Aufsichtsratstätigkeiten, die das 'Handelsblatt‘ mit durchschnittlich 20.000 Mark pro Jahr berechnet. Zwölf solcher Posten bekleidet der FDP- Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff, gefolgt von IG-Bergbau-Chef Hans Berger (SPD) mit neun derartiger Jobs. Allerdings: Nirgendwo sonst liegen die Bezüge so weit auseinander wie bei Aufsichtsräten: laut 'manager magazin‘ zwischen 0 Mark (Berzelius Umwelt-Service) und 111.091 Mark (Altana).

Hilmar Kopper kassierte 1990 als Daimler-Aufsichtsrat 96.608 Mark. In seinem Hauptberuf als Vorstand der Deutschen Bank wurde der Topmanager mit 1.371.141 Mark entlohnt. Weil die Deutsche Bank eines der gewinnträchtigsten Unternehmen des Landes ist, gilt Kopper damit als tendenziell unterbezahlt. Doch wie die Politiker-Kaste befindet sich in diesen Zeiten der Gürtel-enger- schnallen-Appelle auch die Manager-Elite im Kreuzfeuer der Kritik: So findet die gesamte Wirtschaftspresse Deutschlands teuersten Angestellten, Bertelsmann-Chef Mark Wössner, mit knapp vier Millionen Mark Jahressalär total überbezahlt; angeblich nicht aus Mißgunst, sondern weil nach den Kennziffern Größe, Ertragskraft und Zukunftschancen Bertelsmann so toll nun auch wieder nicht ist. Daimlers Edzard Reuter gilt nach derartigen Kriterien mit seinen 2,4 Millionen Jahresgehalt als unterbezahlt.

Welcher Vorstand wieviel verdient, entscheidet das Aufsichtsratspräsidium: Über 70 Prozent des Kapitals deutscher Aktiengesellschaften wird von anderen Industrieunternehmen gehalten. An den Aufsichtsratsspitzen sitzen daher zumeist Manager, die in ihren Unternehmen mit den eigenen Aufsichtsräten ebenfalls ums Gehalt feilschen müssen. Wechselseitig bringen die Herren deshalb das nötige Verständnis füreinander auf — ähnlich wie in der Politik, wo die ParlamentarierInnen die Höhe der eigenen Diäten festsetzen. Donata Riedel