Aufarbeitung ohne Selbstmitleid

■ Betr.: „Die Grube nicht einfach zuschütten“ taz vom 4.6.92

Die gewählte Überschrift drückt bereits den Versuch einer teilweisen Fehlbesetzung aus: Ohne Zweifel resultieren die „Greultaten“ der Letten in der NS-Zeit aus eigenem Unaufgelöstem. Es wird in dem Artikel erwähnt und Vestermanis hat es mit dem Satz: „narzistische Verkapselung in dem erlittenen Leid“ prägnant formuliert. Die erhoffte Bedeutung des detaillierten Vortrages resultiert jedoch aus ähnlichen historischen „Unauflösbarkeiten“, die sich außerdem in dem entstandenen KZ-Syndrom wiederspiegeln. Die Frage blieb deshalb meiner Meinung nach offen, wie vielleicht entscheidende Angebote zu einer wesentlichen Aufarbeitung der historischen Einbußen erfolgen können, ohne daß Selbstbetroffene, bei allem Verständnis, ihr eigenes Leid so mit loswerden wollen. Zweifellos nicht einfach und gewohnt. Ich hätte es begrüßt, wenn der Artikel ein wenig mehr auf diesen wichtigen Prozess eingegangen wäre. Vieleicht als zusätzliche Aufforderung. Gerd Dragheim, Bremen 33