Rembertikreisel und die 68er

■ betr.: Illich will „Freie Uni Remberti“, taz vom 1.6.92

Während, wie von Euch hingebungsvoll mitgeteilt, auf dem Rembertikreisel ergraute 68er ihren Sedantag feiern und sich, weil das nie viel kostet, die Hände einmal mehr zum Schwur gegen das Autofahren reichen, wird ohne jede Anteilnahme von Umweltverbänden, Verkehrsinitiativen und Medien (ihr eingeschlossen) zwischen Vegesack und Verden die neue City-Bahn-Linie eröffnet, die, wortwörtlich gesagt, weitreichensde Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Großraum Bremen seit 20 Jahren. Eine Gelegenheit, sich für Alternativen zum Auto stark zu machen, bei der die Anhänger ökologischer Verkehrsplanung allen Grund hätten, ins Detail zu gehen. Aber das, also die konkreten Bedürfnisse der Benutzer, ist nun mal nicht ihre Stärke. Die City-Bahn ist eine Mogelpackung, sie wird so betrieben, als wollte der Bremer Verkehrsverbund VBN das Projekt vorzeitig zu Fall bringen: keine Hinweise auf die Linienführung, keine Fahrpläne für die hinzugekommene Teilstrecke Hauptbahnhof — Verden, miserable Anschlüsse (der an den Stundentakt von und nach Rothenburg wird am Hauptbahnhof stündlich um exakt zwei Minuten versäumt). All dies, wie am Sonntag festzustellen, natürlich kein Thema für unsere 68er-Ökologen. Ivan Illich referiert lieber über Probleme mit mexikanischen Wasserklos, Olaf Dine über die Aufzucht von Schafen, und Ralf Fücks verspricht fürs nächste Jahrhundert per Gutachten eine S-Bahn durch den Europahafen und einen Wasserbus nach Vegesack. Derweil steigen diejenigen, die sich mit einem unbrauchbaren Angebot nicht zurechtfinden, wieder um auf ihr Auto. Reinhard Bahrdt