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: Ganz uncooles Kiezerlebnis

Ganz uncooles Kiezerlebnis

Pling! Mit einem kurzen, hohen Ton fällt mir beim Bezahlen eine Geldmünze zu Boden, Metall auf Stein. Der gesamte Fußboden der Kneipe »Kommandantur« ist mit Geldstücken förmlich übersät, alle sind kunstvoll eingelassen. Ob es ein Trick ist, volltrunkene Kunden um die eine oder andere Mark zu erleichtern, ob der Handwerker, der den Estrich legte, ein Loch in seiner Tasche hatte, originell ist dieses Design jedenfalls.

Hier im Prenzlauer Berg ist es anders als an vielen Orten im Westen der Stadt. So ist denn auch die »Kommandantur« keine Szenekneipe, obwohl hier viele Szenetypen verkehren. Von den im Freien aufgestellten Tischen aus bietet sich ein fast romantischer Blick auf den vom Grün umschlungenen alten Wasserturm. Bei Wernesgrüner Pilsner vom Faß bin ich im Nu in Gespräche verwickelt, mit Menschen, wie sie augenscheinlich kaum unterschiedlicher sein könnten.

Hier sitzt der ältere Nachbar mit grünbehaarten Punks an einem Tisch, Ost-Berliner Sprachflair weht herüber. Gleich am Nebentisch sitzt eine junge Südamerikanerin mit ihrem Kind: »Ich komme oftmals nur auf einen grünen Salat her«, vertraut sie mir an. Außer diesem absolut empfehlenswerten Gericht gibt es hier auch noch Sandwiches in allen Variationen. Den Durst löschen außer Bier alle gängigen Softdrinks und Spirituosen sowie eine große Auswahl erlesener Whiskeymarken, vom billigsten Bourbon bis zum besten Malt.

Das Innendesign der Kneipe ist schlicht gehalten, von der Decke starren verschwommene Gesichter aus alten Zeitungsausschnitten herunter. Das Keramikgeschirr hinterläßt einen Hauch von Stil. Ich vermisse Lesestoff, es gibt weder Magazine noch Tageszeitungen, mein mitgebrachtes Stadtmagazin macht schnell die Lokalrunde.

Genauso vielfältig wie das Publikum ist die Auswahl der Musik. Von den »Doors« über »Clash« zu harter Punkmusik geht die Palette, dezent eingefügte deutsche Schlager aus den Fifties lockern das Programm auf. Auf die Frage, wie lange geöffnet ist, reagiert die Frau am blechernen Tresen vergnügt: »Na, bis der Letzte geht. Wochentags meist schon fünfe, sechse in der Früh, am Wochenende länger«. ‘Na klasse', denkt mein nebelumwölktes Gehirn, diese Nacht ist zu lang für mich. Und dann wundert's mich gar nicht mehr, daß ich beim Bezahlen mit Geld um mich werfe ...

(Kommandantur, Knaackstraße 18, 14 - ? Uhr)